Eis-Problem auf A1-Brücke Feuerwehr hilft in Leverkusen aus
Neurath/Leverkusen · Da half kein Heli und erst recht keine Standard-Drehleiter: Um die Gefahr durch herabstürzende Eisplatten auf der Leverkusener A1-Brücke zu bannen, war großes Besteck gefragt. Die RWE-Werkfeuerwehr rückte mit einem Fahrzeug der Superlative an.
Der Einsatz auf der A1 bei Leverkusen dauerte schon mehrere Stunden – doch alle Versuche, das Problem mit den herabstürzenden Eisplatten auf den Pylonen des Rheinbrücken-Neubaus in den Griff zu kriegen, waren gescheitert. Auch die Idee, das Eis mit dem Rotor-Wind eines Helikopters von den Pylonen zu wehen, hatte nicht den gewünschten Effekt erzielt. Da entschied sich der Einsatzleiter der Leverkusener Feuerwehr, andere Register zu ziehen: Das ganz große Besteck musste her – und zwar aus Grevenbroich.
Die Kräfte beorderten mit dem Skylift ein XXL-Spezialgerät der RWE-Werkfeuerwehr zur Einsatzstelle. Die Retter brachten so am Freitagnachmittag auf der Leverkusener Brücke eine der größten Gelenkmastbühnen der Welt in Stellung. Kurz darauf der Erfolg: Über den gewaltigen Teleskopmast des 2009 am Kraftwerk Neurath in Dienst gestellten Mega-Einsatzfahrzeugs gelang es der Feuerwehr, die Eisplatten in 55 Metern Höhe zu erreichen. Peanuts für den Giganten, der sich auf bis zu 90 Meter ausfahren lässt.
Die Einsatzkräfte konnten die Gefahr durch die herabstürzenden Eisplatten (bis zu 1,5 Zentimeter stark) mithilfe von Schaufeln in luftiger Höhe bannen. „Ein Glück, dass wir dafür auf das Gerät aus Grevenbroich-Neurath zurückgreifen konnten“, sagt die Leverkusener Feuerwehr-Sprecherin Lisa Heider. Nach ihren Informationen war der Skylift nie zuvor in Leverkusen zum Einsatz gekommen.
Die Gelenkmastbühne aus Neurath hatte sich mit Blaulicht durch den Verkehr im Raum Köln gekämpft und kam gegen 14.30 Uhr auf der gesperrten Rheinbrücke an. Stützen ausfahren, einsteigen und hochfahren – das geht allerdings nur bei einer herkömmlichen Drehleiter (Arbeitshöhe: maximal 30 Meter). Beim Skylift aus Neurath gestaltet sich die Sache etwas komplexer. „Der Aufbau des Einsatzgeräts war mit ein bisschen Arbeit verbunden“, sagt Lisa Heider. Wegen des immensen Gewichts der „Super-Bühne“ von 52 Tonnen musste sogar ein Statiker zurate gezogen werden.
Nach fast sieben Stunden wurde die Sperrung der A1 aufgehoben
Nach dem jahrelangen Ärger um den maroden Zustand der alten A1-Brücke bei Leverkusen wäre es mehr als ärgerlich gewesen, wenn der erst vor elf Monaten fertiggestellte, erste Teil des Neubaus Schaden genommen hätte. So kam es, dass die Neurather Gelenkmastbühne nacheinander präzise zwischen den Brückenpfeilern in Position gebracht werden musste. Die ganze Aktion dauerte laut Lisa Heider bis etwa 17 Uhr. Dann wurde die Gelenkmastbühne wieder eingefahren und abgebaut; die Sperrung der A1 konnte gegen 18 Uhr wieder aufgehoben werden – nach fast sieben Stunden.
Für die Leverkusener war es ein Glücksfall, dass die 90-Meter-Gelenkmastbühne in Neurath stationiert ist, und damit relativ in der Nähe. Deutschlandweit gibt es nur ein anderes Fahrzeug, das es immerhin auf 70 Meter bringt – allerdings im 400 Kilometer entfernten Hamburg. Angeschafft hatte RWE den 1,4 Millionen Euro teuren Skylift, um Brände in großer Höhe löschen zu können, etwa an den BoA-Blöcken des Kraftwerks Neurath (BoA steht für „Braunkohlekraftwerk mit optimierter Anlagentechnik“). Das Einsatzgebiet beschränkt sich aber keinesfalls auf das Werksgelände: Auch in der Vergangenheit haben Feuerwehren in der Region schon auf das mächtige Hubrettungsfahrzeug aus Neurath zurückgegriffen.
Wie RWE-Sprecher Simon Lorenz sagt, hat sich das Gerät etwa schon bei einem Hochhausbrand in Bonn bewährt. „Die Gelenkmastbühne ist Teil unserer Werkfeuerwehr und dementsprechend immer einsatzbereit“, sagt er. Das 420 PS starke Fahrzeug wird aber auch gern zu besonderen Anlässen präsentiert. So war der Skylift zuletzt im Juni 2023 beim Jubiläumsfest der Löscheinheit Kapellen in Grevenbroich im ausgefahrenen Zustand zu bestaunen. Es war noch in etlichen Kilometern Entfernung zu sehen.
Zur Geschichte des Fünfachsers zählt allerdings auch ein spektakulärer Unfall: Im März 2011, zwei Jahre nach seiner Indienststellung, war der Koloss in einer Zufahrt zum Kraftwerk Neurath umgekippt. Dabei war ein beträchtlicher Schaden an dem Gerät entstanden. Die Reparatur beim Hersteller in Finnland dauerte zehn Monate und kostete nach RWE-Angaben einen sechsstelligen Betrag. Um den knapp 16 Meter langen 52-Tonner sicher steuern zu können, sind die Werkfeuerwehrleute im Anschluss noch einmal speziell geschult worden.