Umweltbelastung in Grevenbroich und Neuss Schwermetalle in der Erft eliminiert
Grevenbroich/Mechernich · Es ist ein großes Umwelt-Problem, das im Rhein-Kreis bisher kaum jemand auf dem Schirm hatte: Aus einem alten Bleierz-Stollen in der Eifel gelangen riesige Mengen belastetes Wasser in die Erft. Nach Jahrzehnten ist nun eine Lösung gefunden worden – gerade rechtzeitig.
Das NRW-Umwelt- und das NRW-Wirtschaftsministerium wollen gemeinsam mit dem Erftverband eines der größten Umwelt-Probleme des Landes angehen: Die Ministerien und der Gewässerverband haben eine Absichtserklärung unterzeichnet, nach der am sogenannten Veybach in Mechernich (Nordeifel) eine Anlage zur Wasseraufbereitung gebaut werden soll. Diese Anlage soll Schwermetalle aus jenem Wasser entfernen, das unaufhaltsam aus dem Entwässerungsstollen eines längst stillgelegten Bleibergwerks strömt. Auswirkungen hat das auch auf den Rhein-Kreis Neuss: Denn das mit Giftstoffen belastete Wasser aus dem Veybach fließt direkt in die Erft – und von dort aus weiter in den Rhein und die Nordsee.
Aus dem Entwässerungsstollen, der auch als „Burgfeyer Stollen“ bekannt ist, fließen laut Erftverband 300 Liter Wasser pro Sekunde – rund um die Uhr. In dem Wasser befinden sich winzige Partikel aus Blei, Kadmium, Zink, Kobalt und Nickel. Die Last summiert sich auf nicht weniger als 50 Tonnen pro Jahr. Die Schwermetalle lassen sich sogar noch in Rotterdam nachweisen. „Wenn es im Gebiet des Bleibergs regnet, geht der Niederschlag durch das Gestein und gelangt letztlich in den Entwässerungsstollen“, erklärt Heinrich Schäfer, Chef des Erftverbands. Das Wasser strömt aber auch aus dem Stollen, wenn es nicht regnet – der Berg wirkt wie ein Speicher.
Wasser der Erft wird ab Bergheim stark verdünnt – noch
Im Raum Grevenbroich/Neuss war die Schwermetallbelastung bisher nur für wenige Menschen ein Thema. Der Grund: Durch die Einleitung großer Mengen Sümpfungswasser aus dem Tagebau wird das Wasser in der Erft ab Bergheim stark verdünnt. „Entsprechend fällt die Konzentration in der Erft bei Grevenbroich geringer aus“, sagt Heinrich Schäfer. Nur: Der Tagebaubetrieb ist endlich. Wenn die Grundwasserpumpen abgestellt werden, wird deutlich weniger Sümpfungswasser in die Erft eingeleitet. Nach 2029 soll die Erft bei Grevenbroich bekanntlich bis zu 75 Prozent weniger Wasser führen als heute.
Ohne Aufbereitungsanlage würden sich Schwermetalle bald in der Erftaue ablagern
Deshalb ist die Entscheidung für den Bau einer Wasseraufbereitungsanlage in Mechernich auch relevant für die Region Grevenbroich/Neuss. Gäbe es nach Ende der Sümpfungswasser-Einleitung keine Aufbereitungsanlage, wäre die Schwermetall-Konzentration in der Erft im Rhein-Kreis Neuss ähnlich hoch wie im Gebiet flussaufwärts vor Bergheim. Ein Umstand, der das Problem verschärft: Die Erft wird seit Jahren etwa bei Frimmersdorf mit einer Renaturierung auf den Durchfluss wesentlich geringerer Mengen Wasser vorbereitet. Perspektivisch ist das auch für Wevelinghoven/Kapellen geplant. Ohne vorherige „Reinigung“ würde das mit Schwermetallen belastete Erft-Wasser bei Hochwasser etwa in die Auen getragen. Die giftigen Stoffe könnten sich dort ablagern. „Das ist grundsätzlich problematisch“, sagt Heinrich Schäfer vom Erftverband: „Gerade für kleinere Organismen.“ Auch für Wiederkäuer bestünden Gefahren, also etwa für an der Erft grasende Kühe.
Investition in zweistelliger Millionenhöhe
Heinrich Schäfer spricht mit Blick auf die mit den beiden NRW-Ministerien getroffene Absichtserklärung von einer Sache, „die Gewicht hat“: Dieses Jahr sollen die Details geklärt werden. Bekannt ist, dass das Land die Aufbereitungsanlage finanzieren und der Erftverband diese betreiben soll. Laut Schäfer ist mit einer Investition in zweistelliger Millionenhöhe zu rechnen. Er geht davon aus, dass die Anlage auf ewig betrieben werden muss. „In den vergangenen 20 Jahren war keine Reduzierung der Schwermetall-Belastung festzustellen.“
Mitgliedern des Erftverbands wären die Kosten nicht aufzubürden
Der Erftverband lobt die Entscheidung der NRW-Ministerien, das Problem „Burgfeyer Stollen“ nun endlich anzugehen. „Das Thema beschäftigt uns seit vielen Jahren“, sagt Heinrich Schäfer. Den Mitgliedern des Erftverbands, also den Kommunen, wären die Kosten für den Bau der sogenannten Eliminierungsanlage nicht aufzubürden. „Sie würden gewiss dagegen klagen“, sagt Schäfer: „Auch die Stadt Mechernich ist nicht die Verursacherin des Problems.“ Insofern sei es gut, dass sich nun das Land der Sache annehme.
Von einer guten Nachricht für die Region spricht auch der Kreis-Politiker Dirk Schimanski (Grüne). Die hier relevanten NRW-Ministerien werden mit Mona Neubaur und Oliver Krischer von seinen Parteikollegen geführt. Schimanski hatte die Schwermetall-Belastung zuletzt im August 2024 im Grevenbroicher Umweltbeirat zur Sprache gebracht. Für den Landrats-Kandidaten ist mit der von Land und Erftverband unterzeichneten Absichtserklärung eine große Sorge vom Tisch. „Das ist ein großer Schritt in puncto Umwelt- und Gewässerschutz“, sagt er.
Inbetriebnahme bestenfalls noch in diesem Jahrzehnt
Der Erftverband hofft laut Vorstand Heinrich Schäfer darauf, dass die Wasseraufbereitungsanlage noch in diesem Jahrzehnt in Betrieb gehen kann. Bei günstigen Bedingungen, heißt es, könnte die Anlage Ende 2028/Mitte 2029 an den Start gehen. Die Funktion ist komplex – zum Einsatz kommen soll ein chemisch-physikalisches Verfahren. Schäfer spricht von einem sogenannten Ionenaustausch. Schwermetalle werden sozusagen aus dem Wasser „gefiltert“ und sollen anschließend fachgerecht entsorgt werden.