Bildung: Ein Stipendium als Belohnung für langes Büffeln
Jungen Migranten wird in Lerngruppen von Torsten Götte die Möglichkeit geboten, ihre Deutschkenntnisse aufzupolieren.
Rhein-Kreis Neuss. "Das war für mich ein fremdes Land - nein, eine andere Welt!" Wenn sich Hasan Dogan daran erinnert, als er vor elf Jahren mit seiner Familie aus der Türkei nach Deutschland kam, legt der heute 21-Jährige die Stirn in Falten. Die Sprache, die da aus den Mündern seiner deutschen Schulkameraden sprudelte, war für ihn damals vor allem eines: ein Buch mit sieben Siegeln.
Umso beachtlicher ist es, dass der ehemalige Schüler des Quirinus-Gymnasiums heute nahezu perfekt Deutsch spricht, sein Abitur und obendrein noch ein Studiums-Stipendium in der Tasche hat. Mit 300 Euro monatlichem Zuschuss vom Rhein-Kreis werden er sowie die 19-jährige Grevenbroicherin Meryim Poursheykhi rechnen können.
Zu verdanken haben sie das auch dem Einsatz von Torsten Götte. Seit vielen Jahren bemüht sich der Deutschlehrer, jungen Immigranten im Rahmen eines Projekts die deutsche Sprache zu vermitteln. Poursheykhi und Dogan - beide büffelten nach und während der Schule in Göttes Lerngruppe - konnten die Jury in diesem Jahr überzeugen.
"Voraussetzung war auch ein gutes oder sehr gutes Abiturzeugnis", sagt Landrat Hans-Jürgen Petrauschke. Mit einer Eins vor und nach dem Komma kann Meryim Poursheykhi, die vor weniger als sechs Jahren aus Texas nach Deutschland kam, diese Bedingung leicht erfüllen.
Mit ihrer Anfangszeit in Deutschland assoziiert Poursheykhi "viel schwarz", wie sie sagt. Sehr deprimierend sei es gewesen, unter so vielen jungen Leuten zu sein, aber fast keinen zu verstehen. Hobbys wie das Klavier- und Querflötenspiel musste die damals 13-Jährige vernachlässigen. Wenn alles gut geht, studiert die Frau mit den langen dunklen Haaren ab Herbst an der RWTH Aachen - Medizin. Darüber, welches Fachgebiet sie später einmal einschlagen möchte, ist sich die 19-Jährige noch nicht sicher. "Kinderärztin wäre schön", sagt sie. "Oder Chirurgie."
Zu den Dingen, die Gödde seinen Schützlingen als erstes beibringt, gehört der Leitsatz "Leistung verpflichtet". "Das beinhaltet aber ebenfalls, anderen behilflich zu sein" erklärt der Pädagoge. Und so ließen sich auch Hasan Dogan und Meryim Poursheykhi nicht lange bitten und gaben ihr erlerntes Wissen bereitwillig weiter. Poursheykhi, ehemalige Schülerin des Erasmus-Gymnasiums in Grevenbroich, hat sogar so oft Nachhilfe erteilt, dass es ihr später etwas über den Kopf wuchs.
Bei dem Neusser Hasan Dogan hat sich Lehrer Göttes Appell der Wissensweitergabe offenbar sogar auf die Studiumswahl ausgewirkt. Die Fächer Geschichte und Mathematik sollen es sein - auf Lehramt natürlich.
“ Seit 1996 haben Schüler mit geringen Deutschkenntnissen die Möglichkeit, parallel zum Besuch des Gymnasiums in Kleingruppen Deutsch zu lernen.