Lank: Allergiker ergreifen jeden Strohhalm
Viele Betroffene fragten im Allergomobil nach Tipps und neuen Erkenntnissen.
Lank. Jeder dritte Deutsche leidet dauerhaft unter Allergien und reagiert übersteigert auf Reize. Weniger zahlreich sind erfolgreiche Therapien für die chronisch erkrankten Allergiker.
Was sich normalerweise als Juckreiz oder Pustel nach Kontakt mit Reizstoffen kurzfristig äußert, beeinträchtigt manche Allergiker ihr Leben lang. Beraten und helfen - das will der Deutsche Allergie- und Asthmatikerbund (DAAB), der gestern mit seinem Allergomobil in Lank Station machte.
Zahlreiche Betroffene fanden sich vor der Teloy-Apotheke ein, um bei Ernährungsberaterin Marina Oppermann im Allergomobil den Basis-Lungentest zu machen und sich bei dem Allergologen Hartwig Lauter nach neuen Behandlungsmöglichkeiten zu erkundigen. Viele greifen nach jedem Strohhalm, der Linderung verspricht, wie die Lankerin Gertrud Kamp. Die 72-Jährige hat seit über 30 Jahren "alles", und sie hat auch "alles" probiert.
Gertrud Kamp ist Kreuzallergikerin. Sie reagiert auf viele Stoffe, hat bereits eine chronische Bronchitis und vom Mundschutz gegen Milbenstaub bis zur Eigenbluttherapie, Histamintabletten und Yoga, Sensibilisierung und Inhalation "schon zu viel ausprobiert", wie sie selbst meint. "Nichts hat geholfen, außer Klimawechsel", sagt sie, freut sich aber über das gute Testergebnis: keine Asthmagefahr.
Ähnliche Erfahrungen machten auch Rudolf Häuser (70) aus Büderich und Birgit Distelhorst (50). Ob fünf oder achtzehn Jahre Allergie, ob ganzjährige Qual oder nur vier Frühlingswochen lang. "Es gibt weiter den Trend, dass Kinder immer früher Allergiker werden. Auch bei über 50-Jährigen explodiert die Zahl der Neuerkrankungen", so Hartwig Lauter.
Das ergibt viele Fragen über die Ursachen, aber keine neuen Antworten. "Alles auf die Umweltverschmutzung zu schieben, ist Unsinn", sagt Lauter, der Verfechter der Immuntherapie ist. Im Bereich Nahrungsmittel stößt Lauter ein Umdenken, beispielsweise zum Thema Milch an. "Ein Getränk für Kälber, nicht für Menschen, nach dem Zweiten Weltkrieg positiv besetzt und nie wieder diskutiert." Die einzige Methode, Nahrungsallergenen zu entwischen: die Weglass-Diät.
"Im Durchschnitt hat man fünf Allergiepässe im Leben, von verschiedenen Therapeuten ausgestellt. Darin stehen leider immer gleiche Ergebnisse", sagt Lauter. Die Patienten lesen gern, was sie bereits wüssten. Das gebe Sicherheit. Lauter rät hingegen zu umfassenderer Diagnostik und Nachfragen, denn ein isolierter Test von mehreren möglichen sei wie "Kaffeesatzlesen". Beruhigen möchte der Allergologe die langjährigen Allergiker, keine Angst vor Cortison zu haben.
Was die Besucher sonst noch von ihm erfuhren: Birkenpollen-Allergiker vertragen manche Obstsorten nicht, weil die Stoffe botanisch verwandt sind. Tipps für die geeignete Hautpflege gibt zuverlässig der Hautarzt, neue Lotionen ("mit Pollenschutz") seien vor allem teuer.
Als sinnvolle Diät für Lebensmittelallergiker gilt immer noch nur die Vermeidung der Allergene, und um den "Etagenwechsel" von Heuschnupfen zu Asthma zu vermeiden, sollten sich Betroffene sofort desensibilisieren lassen, statt allzu lange nur die Symptome zu behandeln.
"Man probiert alles aus, bis die Waffe abstumpft. Dann greift man zum nächsten Mittel", erzählt eine Lankerin gestern am Infostand ganz lakonisch. Ihr eigenes Asthma wurde vor zwölf Jahren wohl durch eine nur mangelhafte Heuschnupfenbehandlung ausgelöst.