Bewerber brauchen Benehmen

Beim IHK-Forum für Aus- und Weiterbildung ging es am Mittwoch ums Bewerben: Etwas leger zu sein, ist erlaubt – aber nicht zu viel.

Neuss. Als Karsten Scheidhauer die Bewerbung eines Mannes um die 50 Jahre aufklappte und ihn auf dem Foto ein kleiner Junge mit Schultüte angrinste, legte er die Mappe sofort wieder weg. "Einer Bewerbung ein Bild vom ersten Schultag beizulegen, das geht nicht", sagt der Geschäftsführer der Neuss Trimodal GmbH beim 10. IHK-Forum Aus- und Weiterbildung gestern im Neusser Zeughaus.

"Als Personalchef muss man sich ein authentisches Bild vom Bewerber machen können." Doch genau das, sagt der Logistik-Chef, könne man bei vielen Bewerbungen eben nicht. Sein Fazit vom letzten Stellenangebot: "Von 186 Bewerbungen waren 171 es nicht wert, gelesen zu werden."

Formale Mängel in Anschreiben und Lebenslauf ließen viele Bewerber schon von vornherein ausscheiden, im persönlichen Gespräch seien es häufig flapsige Sprache und schlechte Körperhaltung, die beim Personalchef Zweifel daran aufkommen ließen, ob der Bewerber die Stelle auch wirklich haben wolle und seine Aufgaben engagiert erfüllen werde.

Aber auch jemand, der zu förmlich daherrede und in einem Anzug er ver- als gekleidet aussehe, werde für eine freie Stelle wohl nicht infrage kommen.

Es ist eine Gratwanderung zwischen echter und übertriebener Höflichkeit, zwischen Authentizität und Verkleidung, zwischen Anzug und Jeans, die Bewerber meistern müssen. Das wird auf diesem IHK-Forum deutlich.

"Bei einem Bewerbungsgespräch muss man sich überlegen, was man gern anzieht, und was erwartet wird. Dann muss man einen tragbaren Kompromiss finden", sagt Wilhelm Werhahn, Präsident der IHK Mittlerer Niederrhein.

Dass der Ruf zu einem gewissen legeren Auftreten keine flapsige Sprache und Kinderfotos in der Bewerbungsmappe rechtfertigt, weiß Annelie Welters, Berufsschulkoordinatorin einer Hauptschule in Mönchengladbach. Ihre Erfahrung lehrt, dass viele Schüler schon deshalb im Auswahlverfahren ausscheiden, weil sie einige allgemeine Benimm-Regeln nicht beherrschen:

Dass eine Baseball-Kappe auf dem Kopf beim Personalchef ebenso schlecht ankomme wie Kaugummikauen oder ein in der Hosentasche klingelndes Handy, sei vielen Jugendlichen gar nicht bewusst. "Da sind die Eltern gefragt", sagt die Lehrerin beim Forum gegenüber rund 250 Schülern aus 9.Klassen.

Neben einigen Höflichkeiten gelte ansonsten: "Sei wie du bist." Das meint auch Werner Hahn, Leiter von "Lutz - junge Bühne Hagen", der ein Theaterstück zur Körpersprache inszeniert hat. "Unser Körper spricht. Und er spricht lauter als die Stimme", sagt er.

Wer sich verstelle, um einen besonders guten Eindruck zu hinterlassen, erreiche oft das Gegenteil, weil er unbewusst Unsicherheit ausstrahle. "Man muss sich wohl fühlen in seiner Haut. Sonst geht gar nichts."

In seinem Theaterstück zeigt er den Jugendlichen, wie sie ihre Körpersprache verändern und gezielt einsetzen können: Ein fester Händedruck und eine aufrechte Sitzhaltung - "nicht aus der Schultermuskulatur heraus sondern aus dem Becken" - strahle nicht nur gegenüber dem Personalchef mehr Selbstbewusstsein aus, sondern gebe auch nach innen hinein mehr Kraft.

Wer nicht im Stuhl versinke, sondern eher vorn auf der Kante sitze, unterstütze diese helfende Körperhaltung. Und: "Wer lächeln kann, hat was zu bieten."