Bürger wehren sich gegen Dealer
Anwohner des Marienviertels sprechen von unhaltbaren Zuständen. Sie haben 150 Unterschriften gesammelt.
Neuss. Fäkalien und Erbrochenes unmittelbar vor Hauseingängen, eingeschlagene Schaufensterscheiben, Drogenhandel und -konsum auf offener Straße, wahrlos entsorgte Spritzen und Schnapsflaschen. Zustände, die niemand vor seiner Haustür wissen möchte. Im Neusser Marienviertel sind sie jedoch scheinbar Realität. Anwohner und Geschäftsinhaber haben sich jetzt in einem offenen Brief an Bürgermeister Reiner Breuer gewandt, in dem sie die „unhaltbaren Zustände“ rund um die Marienkirche en Detail beschreiben. „Inzwischen hat sich eine offene Drogenszene etabliert, wobei auch nicht davor zurückgeschreckt wird, Betäubungsmittel an Minderjährige zu verkaufen“, heißt es in dem Schreiben.
Schwerpunkte seien neben dem Marienkirchplatz der Theodor-Heuss-Platz, Bleichstraße und -gasse, Elisenstraße, Hafenstraße sowie die Krefelder Straße. Zudem sei es rund um das Stadtbad im vergangenen Halbjahr zu drei Vorfällen gekommen, bei denen mutmaßlich von Schusswaffen Gebrauch gemacht wurde.
Karin Alberts wird nach eigenen Angaben täglich Zeugin von Drogengeschäften. „Ich muss nur aus dem Fenster schauen und sehe die Dealer“, sagt die Mitgründerin der Anwohnerinitiative Marienviertel. 150 Unterschriften haben sie und ihre Mitstreiter gesammelt, um ein Zeichen zu setzen. Beim SPD-Bürgerdialog im Kunstraum wurden sie gestern an Bürgermeister Reiner Breuer übergeben. Auch an Landrat Hans-Jürgen Petrauschke soll das Schreiben weitergeleitet werden. Gemeinsam mit ihrem Sohn ist Alberts zudem als Patin des Spielplatzes nahe der Marienkirche aktiv. Es sei ihnen zwar gelungen, Dealer und Konsumenten von dem Gelände weitestgehend fernzuhalten. „Dafür stehen sie in der Ecke neben dem Spielplatz — und der Marihuanarauch weht auf das Gelände.“
„Puppendoktor“ Marcel Offermann kann die Beschreibungen nur bestätigen. Von seinem Geschäft aus schaut er direkt auf den Hauptplatz der Marienkirche: „Es ist immer dasselbe Muster. Gegen 15.30 Uhr versammeln sich dort Jugendliche, um Drogen zu kaufen. Wir würden uns wünschen, dass Polizei und Ordnungsamt dort häufiger vorbeischauen.“
Der Polizei liegen jedoch keine konkreten Hinweise auf Drogenhandel am Marienkirchplatz vor. Dies teilte Sprecherin Diane Drawe mit. Eine übermäßige Anzahl von Einsätzen mit Gewaltbezug ließe sich ebenfalls nicht feststellen. Die drei in dem Schreiben beschriebenen Auseinandersetzungen zeichneten sich dadurch aus, dass keine Unbeteiligten involviert waren. Die Kontrahenten kannten sich untereinander. „Dennoch nimmt die Polizei die Sorgen der dort ansässigen Menschen ernst“, sagt Drawe. Beamte seien sowohl im Bereich des Marienviertels im Rahmen von Streifenfahrten als auch aufgrund von Einsätzen vor Ort.