Der VRR befragt seine Fahrgäste

Viele Neusser wünschen sich günstigere Preise, eine Vereinfachung der Tarifstruktur und verständlichere Durchsagen.

Foto: Woitschützke

Neuss. Bürgermeister Reiner Breuer nennt es ein dauerhaftes Ärgernis: Eine Fahrt von Neuss nach Düsseldorf mit der Bahn sei noch immer so teuer wie ein Ticket, mit dem man „durch ganz Berlin juckeln kann“. Den Kampf, das Tarifgefüge im Sinne der Pendler zu ändern und die Wabenstruktur wieder zu revidieren, führt er auf politischer Ebene, doch kann jetzt jeder dieses Anliegen unterstützen. Denn zum ersten Mal in der Verbandsgeschichte fragt der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) die Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel nach ihrer Meinung.

In einer Internetumfrage werden Hinweise und Verbesserungsvorschläge erbeten, die in den neuen VRR-Nahverkehrsplan einfließen sollen. Der liegt im Detail schon vor und soll nach Angaben von VRR-Sprecher Dino Niemann sechs Jahre gültig bleiben.

Vorgaben macht der VRR nicht. Man gehe davon aus, dass es Beschwerden gibt, sagt Niemann, der mit Hinweisen zu Sauberkeit und Pünktlichkeit im ÖPNV genauso rechnet wie mit Anmerkungen zu einzelnen Teilstrecken oder Verbindungen. „Viele werden sich sehr konkret zu ihrer Situation äußern“, sagt er überzeugt.

Björn Mertens hätte aus jugendlicher Sicht zwei Anmerkungen zu machen. Er würde die Bahnhöfe gerne etwas „entmilitarisieren“, sagt der stellvertretende leiter des Jugendzentrums „Café Greyhound/Pier 1“. Wer sich da einfach nur aufhalte, komme schnell mit der Bundespolizei in Konflikt, weil es kein Verweilrecht mehr in Bahnhöfen gibt. Und die Preise seien zu hoch. „Bei uns leisten viele Sozialstunden wegen Schwarzfahrens ab“, sagt er. Das komme ja nicht von ungefähr.

Von Sozialstunden hört die Seniorenbeauftragte Karin Kilb weniger, Klagen über die Preise jedoch ständig. „Die Preisstruktur ist nicht einheitlich. Warum kann man nicht mit einem Ticket durch die ganze Stadt fahren?“, fragt sie.

Ernst Balsmeier zählt seine Mitglieder vom Sehbehinderten- und Blindenverband zu den Hauptnutzern des ÖPNV. Doch für die könnte mehr getan werden. „Diese genuschelten Lautsprecheransagen, auf die wir besonders angewiesen sind, sind katastrophal“, sagt er. Genau wie unterschiedliche Höhen von Zügen und Bahnsteigen, die das Ein- und Aussteigen erschweren — und über die auch Mütter mit Kinderwagen klagen.

Karl Heinz Baum als Vorsitzender des Unterausschuss Nahverkehr würde sich vom VRR wünschen, dass „das bestehende Liniennetz nicht noch weiter ausgedünnt wird“. In der Sache sei man vor Ort mit dem Nahverkehrsplan aber weiter als der VRR. Weil die Lizenzen für den Bus- und Bahn-Betrieb in Neuss 2019 neu zu vergeben sind, werden vor der Ausschreibung auch hier die Kunden befragt. Um zu sehen, so Baum, „wo wir nachverdichten oder ändern müssen.“