Geschichte: Neuss hielt der Belagerung stand

Nach einem Jahr der Stadtbelagerung rückte Karl der Kühne wieder ab.

Neuss. Es war nicht einfach eine Stadtbelagerung wie andere in immer neuen Verwicklungen und Machtkämpfen des 15. Jahrhunderts. Nein, 1474/75 stand Neuss durchaus im Zentrum des "europäischen" Interesses. Karl der Kühne, ebenso mächtiger wie ehrgeiziger Herzog von Burgund, musste Neuss erobern, wollte er seine weitreichenden Pläne zur Erweiterung seines Herrschaftsgebietes umsetzen.

Schon gehörten ihm das Herzogtum Geldern und Roermond, Venlo und Nijmwegen, weiter strebte er die Vormacht über den Mittelrhein ins Linksrheinische über die Pfalz bis nach Straßburg und Basel an. Im Weg waren Köln - und der Vorposten Neuss.

Innere Streitigkeiten im Erzbistum Köln kamen ihm gerade recht. Dort hatten die Bürger Erzbischof Ruprecht vertrieben, und der suchte Hilfe beim Burgunderherzog. Verwalter des Erzbistums wurde der Landgraf Hermann von Hessen - bald darauf erfolgreicher Verteidiger von Neuss.

Der Landgraf hatte sich bereits mit seinen Truppen innerhalb der Stadtmauern eingerichtet, als Karl der Kühne den Belagerungsring schloss. Das Burgunderheer war "international" zusammengesetzt: Burgunder selbst und Männer aus der Pikardie, italienische und englische Söldner lagerten vor den Toren. Ob 20.000 oder 40.000 Mann, begleitet von einem gewaltigen Tross, wird sich nicht mehr klären lassen.

Jedenfalls widerstand die Stadt, und Karl der Kühne musste nach fast einem Jahr abrücken. Unbesiegt, aber erfolglos. Seine von vielen Fürsten gefürchteten Expansionspläne waren damit gestoppt, und mittelbar war die Macht der Burgunders gebrochen.

In Neuss erlebten die Menschen danach nicht nur eine gewaltigen Aufschwung der Quirinus-Verehrung. Kaiser Friedrich III. belohnte die Stadt auch mit diversen Privilegien, die den Neussern einen wirtschaftlichen Boom bescherte. uda