Grevenbroich: Prozess gegen Ulrich B. beginnt von Neuem

Ehemaliger Awo-Geschäftsführer ab Januar erneut vor Gericht.

Grevenbroich. Der Prozess gegen den ehemaligen Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt (Awo) des Rhein-Kreises Neuss, Ulrich B., wird neu aufgerollt. Der heute 61-Jährige war im März 2007 vom Amtsgericht Mönchengladbach zu einer Haftstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt worden, weil das Gericht den Grevenbroicher der Untreue in mehr als 100 Fällen für schuldig befand. Weil B. gegen das Urteil jedoch Berufung eingelegt hatte, wird das Verfahren ab dem 12. Januar 2010 vor dem Gladbacher Landgericht noch einmal von vorne beginnen.

Ulrich B. soll unter anderem öffentliche Fördergelder in Höhe von rund 230000 Euro auf eigene Konten verschoben haben sowie private Urlaubsreisen auf Awo-Kosten abgerechnet haben. Von 1997 bis zu seiner fristlosen Entlassung als Awo-Geschäftsführer im Februar 2002 soll B. mehrere hunderttausend Euro veruntreut haben. Das Finanzchaos war aufgeflogen, als die Banken keine Zinszahlungen mehr erhielten und Löhne nicht mehr überwiesen wurden.

Mit einem schnellen Urteilsspruch in der Revisionsverhandlung wird nicht gerechnet. "Das ist ein hochkompliziertes Verfahren, in dem man zur Beweisführung tief in die Buchführung gehen muss", sagt Joachim Banke, Sprecher des Landgerichts Mönchengladbach. Auch müssen sämtliche Zeugenaussagen des ersten Verfahrens noch einmal erneuert werden.

Das Gericht hat für die Zeit von Januar bis März insgesamt zehn Verhandlungstage angesetzt. Ob dieses Zeitvolumen ausreicht, um zu einem Richterspruch zu kommen, ist jedoch fraglich. "Die Bedeutung des Verfahrens kann man daran ablesen, dass ein normaler Prozess vor der kleinen Strafkammer in etwa zwei Stunden und ohne zusätzlichen Verhandlungstermin erledigt wird. Das ist hier klar nicht der Fall", sagt Banke.

Die Folgen des ersten Prozesses gegen Ulrich B. hatten für den Neusser Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt teilweise dramatische Konsequenzen: Der Verein Altenhilfe als Träger des Seniorenzentrums Lindenhof, der auch unter der Verantwortung von B. stand, musste in der Folge Insolvenz anmelden. Das Altenheim wurde letztlich vom Rhein-Kreis Neuss übernommen. Zwei bis dahin von der Awo betriebene Kindergärten wurden von der Stadt Neuss übernommen.