Grevenbroich: Zweisamkeit in Gips gegossen

Ausstellung: In der Schau zeigt Galeriemitglied Inge Broska Objekte zum Thema Beziehungen.

Grevenbroich. Nur noch das Wort "Ehe" war auf dem zerbrochenen Grabstein zu lesen. Die Namen der Beigesetzten sind verloren, ihr Heimatdorf Alt-Otzenrath von der Landkarte gebaggert. Der Ort war schon verlassen, da rettete Inge Broska das Fragment aus dem Abfallcontainer. "Damit habe ich mich im wahrsten Sinne des Wortes schwer getan", sagt die Künstlerin. Der Stein sollte zum Kristallisationskern für ihre aktuelle Ausstellung werden, die derzeit in der Galerie Judith Dielämmer an der Königstraße zu sehen ist.

Der Titel ist von Bert Brecht entliehen: "...und küß mich nicht im gehen..." Es geht um Paare. Darunter ganz niedliche Exemplare: Gipsabdrücke von Engel-, Schweinchen- und Taubenfiguren, von Handys und Croissants, stets in trauter Zweisamkeit. Alles andere als possierlich sind dagegen die Fundstücke aus Alt-Otzenrath, wo bei der Räumung nicht nur Grabsteine im Abfallcontainer landeten. Inge Broska fischte vergilbte Fotografien aus dem Müll, erklärte sie zum Kunstwerk und "entriss sie auf diese Weise für eine kurze Weile dem Vergessen", wie sie erklärt.

Ebenso die Pappkiste voll kleiner Stoffreste, ein Dachbodenfund aus dem Elternhaus. Solche "Flickläppchen" fielen beim Selbstnähen von Kleidung an und wurden aufbewahrt, bis man sie zum Ausbessern brauchte. Inge Broska versah die Kiste mit einem Fenster und einer Innenbeleuchtung, so dass eine Art Reliquie entstand - die Künstlerin spricht von einer "Familieninnerei". Unter dem Titel "Mama" ist das Objekt jetzt zu sehen. "Viele alltägliche Gebrauchsgegenstände aus meinem Elternhaus und dem Dorf meiner Kindheit sind nach der Zerstörung durch den Tagebau museal und wertvoll geworden", sagt die Künstlerin.

Geschichtsträchtig sind auch die alten Zinkwannen, mit denen Broskas jahrzehntelange Performance-Partnerin Gerda Nettesheim arbeitet. Die Kölner Bildhauerin und Musikerin bespannt die Gefäße mit Pianoseiten und funktioniert sie zu Klangkörpern um. Welche urige Klanggewalt die "Wannenharfen" beim Streichen mit Geigenbogen, Säge und speziellen Holzbögen entwickeln, davon konnten sich die Besucher der Eröffnung überzeugen. Dazu rezitierte Inge Broska Texte ihres erklärten "Lieblingsmachos" - natürlich Bert Brecht.

“ Die Wannenharfen sind zusammen mit Inge Broskas Arbeiten bis zum 27.Juni in der Galerie Judith Dielämmer, Königstraße 21, zu sehen. Öffnungszeiten: Freitags von 18 bis 20 Uhr und nach telefonischer Vereinbarung, unter 2 02164/4613.