Kaarst: Protest - „3. Klasse statt Masse“
Spontan haben sich gestern über 20 Eltern mit ihren Kindern auf dem Schulhof der Astrid-Lindgren-Schule zusammengefunden, haben Plakate bemalt und eine Unterschriftenaktion besprochen, die heute starten soll. Sie wollen sich für eine dritte Eingangsklasse an der Holzbüttgener Grundschule einsetzen.
Kaarst. "63 neue Kinder sind derzeit als Erstklässler angemeldet, zwei müssen die erste Klasse wiederholen und ein Kind ist neu zugezogen, das auch noch angemeldet wird: Das macht 66 und entspricht der Prognose im Schulentwicklungsplan und würde drei Eingangsklassen rechtfertigen", sagt Brigitte Lubrich.
Sie und die anderen Eltern ärgern sich darüber, dass auf der letzten Sitzung des Schulausschuss der Antrag der Schule auf Bildung ein dritten Eingangsklasse mehrheitlich abgelehnt wurde. Damit werden 60 Kinder auf zwei Klassen verteilt. Drei Kinder, die Defizite in ihrer körperlichen und motorischen Entwicklung aufweisen, aber dennoch an einem Grundschulunterricht teilnehmen können, werden abgewiesen.
"Unsere Schule bietet zwei Förderschwerpunkte neben Lernen noch Geistige Entwicklung und Körperliche/Motorische Entwicklung im so genannten integrativen Gemeinschaftsunterricht an", begründet die Schulleiterin Ursula Nolten ihren Antrag. Dass jetzt ausgerechnet die Kinder mit einem Handicap von der Schule abgewiesen werden, ärgert die Eltern ebenfalls. "Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden", sieht Anne Schubert gar einen Verstoß gegen den dritten Artikel des Grundgesetzes.
Claudia Baum ergänzt, dass es für sie der integrative Bestandteil ausschlaggebend war, ihr Kind an der Schule anzumeldne. "Mir gefällt das pädagogische Konzept, das dahintersteht. Dass Kinder ganz selbstverständlich mit denen, die eine Benachteiligung haben, den Unterricht teilen", meint Claudia Baum.
Leila Stähler ist eine betroffene Mutter, ihrem Sohn Julian wurde per Gutachten bescheinigt, dass er an einem integrativen Unterricht teilnehmen kann. "Doch bisher weiß ich noch gar nicht, wo mein Sohn in wenigen Wochen zur Schule gehen wird. Nur die Schule hat mich bisher informiert, dass er wohl abgelehnt werden wird. Aber wie es weitergeht, weiß ich nicht, denn ich kenne keine andere Grundschule, wo dies möglich wäre", sagt sie.
Ulrike Hund ist beim Schulamt des Rhein-Kreises Neuss für die Kinder mit einer Behinderung zuständig. Sie bedauert, dass die betroffenen Eltern noch nicht informiert worden sind. "Mir liegen leider noch nicht alle Gutachten vor, um abschließend entscheiden zu können. Wir werden aber für die betroffenen Kinder eine geeignete Schule suchen."
Unter dem Titel "3. Klasse statt Masse" sammeln die Eltern heute an den Supermärkten und in den kommenden Tagen in der Schule und Kindergärten Unterschriften. Diese sollen am Mittwoch bei der Bürgersprechstunde im Rathaus an Bürgermeister Franz-Josef Moormann übergeben werden.