Hermann Gröhe, CDU
Schützenfest-Nächte in Neuss sind auch für Hermann Gröhe lang. Nicht selten steht er nach Mitternacht noch auf der Straße mit einem Glas Bier in der Hand, redet, lacht und feiert wie alle anderen ringsum.
Es dreht sich kein Neusser um, um mit dezentem Fingerzeig zu tuscheln: „Da ist der Minister.“ Für die Neusser ist er „der Hermann“ geblieben — und so nahbar bewegt er sich auch privat in der Stadt, in der er seit seinem vierten Lebensjahr zu Hause ist: für jedermann ansprechbar, freundlich und immer zu Scherzen aufgelegt.
Dabei „spielt“ Hermann Gröhe bereits seit fast zehn Jahren in der Bundesliga der deutschen Politik. 2008 holte ihn Angela Merkel als Staatsminister zu sich ins Kanzleramt. Die Regierungs- und Parteichefin schätzt den bekennenden evangelischen Christen; nicht zuletzt dessen Loyalität, von der seine Eigenständigkeit aber niemals zugedeckt wird. Ein Jahr später berief Merkel ihn zum Generalsekretär der CDU und vier Jahre später, nach dem triumphalen Sieg bei der Bundestagswahl, holte sie ihn als Gesundheitsminister in ihr Kabinett. Auch in diesem Ressort, das zuvor nicht zu seinen Fachgebieten gehörte, kam Gröhe seine Fähigkeit zugute, auch komplexe Sachverhalte schnell zu begreifen und sie in verständlicher Sprache den Menschen rüberzubringen.
Hermann Gröhe ist ein Politikprofi. Alles begann vor 42 Jahren. Damals trat er als Vierzehnjähriger in Junge Union ein. Der Jurist aus Neuss stieg zum ersten Bundesvorsitzenden im wiedervereinten Deutschland auf, er gehört seit 1994 dem Bundestag an, er war Justiziar der CDU/CSU-Fraktion, dann Staatsminister, Generalsekretär und jetzt Minister. Politik habe für ihn, sagt Gröhe, bis heute nichts von ihrer Faszination verloren. Er setze sich gern gemeinsam mit anderen für Ideen ein, die konkret die Lebenssituation von Menschen verbessern.
Dazu gehöre natürlich die Auseinandersetzung mit politischen Mitbewerbern über den richtigen Weg; auch das könne aber sehr wohl verbinden. Einer „Droge Macht“ sieht er sich nicht erlegen. Ihm bereite es Freude, sich auseinander- und möglichst auch durchzusetzen. Letztlich zähle das gute Ergebnis. Dabei finde er es sympathisch, wie Angela Merkel Politik ohne Machtgehabe gestalte.
Doch der politische Höhenflug endet am Wochenende in Neuss. Dort sorgen Frau Heidi und vier Kinder für Gröhes Erdung. „Natürlich will ich wissen, wenn einer der Söhne oder die Tochter eine Klausur schreiben“, sagt Gröhe, „das ist mir wichtig.“ Wichtig ist ihm auch, am Wochenende Zeit für die Familie zu haben. Da trifft es sich gut, dass Ehefrau und Kinder seine Begeisterung für lange Neusser Schützenfest-Nächte teilen. Ludger Baten