Kaarsterin erhält den „post.poetry.NRW-Preis“

Meike Wanners Gedicht „Im Treibhaus“ wird. Dabei hat die 19-jährige Gymnasiastin erst vor vier Jahren angefangen, Lyrik zu schreiben.

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Kaarst. Dass Meike Wanner ein introvertiertes, schüchternes Mädchen ist, möchte man auf den ersten Blick kaum glauben. Sie hat Pearcings in der Unterlippe und regenbogenfarbene Haare. Um ihren Augen Ausdruck zu verleihen, trägt sie pechschwarzes Make-up. Doch als die Nachwuchspoetin von ihrer Kunst erzählen soll, antwortet die 19-jährige Kaarsterin schriftlich: „Ich telefoniere nicht gerne.“

Nun muss man sich nur die Texte von Meike Wanner durchlesen. Dann versteht man schnell, warum sie das geschriebene Wort bevorzugt: Sie beherrscht es so gut, dass sie am 12. November für ihr Gedicht „Im Treibhaus“ mit dem postpoetry.NRW-Preis ausgezeichnet wird.

Zum siebten Mal wählte die Gesellschaft für Literatur in Kooperation mit dem Verband deutscher Schriftsteller die Preisträger.

Erfahrene Lyriker und Nachwuchsautoren aus NRW hatten sich mit je drei Texten beworben. „Ziel ist es, die Lyrikszene des Landes sichtbar zu machen“, sagt Projektleiterin und Jury-Mitglied Monika Littau. Es gibt ein Preisgeld, eine Lesung und Postkarten mit dem eigenen Gedicht als Auszeichnung.

Nur neun Zeilen, ein paar Alliterationen, aber keinen einzigen Reim hat Meike Wanner gebraucht, um die Jury „Nachwuchs NRW“ zu überzeugen. „Im Treibhaus“ erzählt auf den ersten Blick die fiktive Geschichte eines kleinen Jungen. Er sitzt im Treibhaus und wirft mit Klötzchen um sich. „Inmitten von zersprungenem Leben“ spielt er. Doch wie bei der Autorin selbst, versteht auch die Zeilen nur der, der mehr als das Offensichtliche sieht. „Einerseits geht es darum, dass es oft viele persönliche Schwierigkeiten gibt; andererseits soll Hoffnung ausgedrückt werden“, sagt die Autorin.

Jurorin Monika Littau begeisterte vor allem die Art, wie die familiäre Situation gezeichnet wird: „Mit nur wenigen Worten gelingt es Meike Wanner, die ganze Tragik dieser Familiengeschichte zu fassen“, so Littau, „die Protagonisten charakterisierend, jedoch nicht bewertend in ihren Aktionen, Mitgefühl weckend, aber den Leser außen vor und vor dem Glas lassend.“

Dabei hat die 19-Jährige erst vor vier Jahren angefangen, Gedichte zu schreiben. „Damals habe ich einfach über meine Gefühle geschrieben“, sagt die Schülerin des Neusser Marie-Curie-Gymnasiums. Die ersten Gedichte hätten alle vier Verse pro Strophe und das gleiche Reimschema gehabt.

Mittlerweile achtet sie mehr auf Stilmittel und Form. Als Kind habe sie viel Fantasy gelesen — Joanne K. Rowling oder Stephen King lagen damals unter ihrer Leselampe. Dann kamen Gedichte. Der Autor ist ihr dabei nicht wichtig. Am Samstag aber werden die Leute hinter der Lyrik wichtig. Auch die schüchterne Poetin aus Kaarst wird dann ihren Preis entgegennehmen.