Reizgas: Streit im Bus eskaliert

Weil ihn sein Kontrahent gewürgt haben soll, versprühte ein junger Mann Tierabwehrspray. Sechs Personen wurden verletzt.

Foto: Bothe

Hackenbroich. Ihre Heimfahrt am späten Sonntagabend hatten sich die Fahrgäste der Stadtbuslinie NE 1, die über Hackenbroich in Richtung Nievenheim unterwegs war, sicherlich anders vorgestellt. Vor allem ruhiger und harmloser. Doch gegen 22.20 Uhr eskalierte ein Streit zwischen einem 22-jährigen und einem 21-jährigen Dormagener. Nach bisherigen Ermittlungen der Polizei soll der 21-Jährige seinen älteren Kontrahenten gewürgt haben. Darauf habe der 22-Jährige ein Spray eingesetzt, das eigentlich zur Abwehr von Tieren dient, berichtet die Polizei. Die Folgen waren erheblich: Durch das Reizgas wurden sechs Passagiere verletzt. Polizei und weitere Einsatzkräfte rückten mit einer größeren Anzahl von Fahrzeugen aus, um die Verletzten zu versorgen. Fünf Opfer konnten ambulant vor Ort behandelt werden, ein Minderjähriger wurde mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gefahren.

Das ganze Geschehen ereignete sich in der Nähe der Haltestelle Claudiusstraße. Nachdem Fahrgäste ihn auf den Vorfall aufmerksam gemacht und über Atembeschwerden geklagt hatten, hielt der Busfahrer nach Angaben der Polizei zunächst auf freier Strecke an. Der 21-Jährige habe dann mit zwei Begleitern den Wagen verlassen. Der Busfahrer habe danach die Haltestelle Claudiusstraße angesteuert und von dort Polizei und Rettungskräfte alarmiert. Den 21-Jährigen griffen die Beamten kurz darauf in der Nähe auf; er sei alkoholisiert gewesen, teilten die Ermittler mit.

Warum die jungen Männer aneinander geraten waren, blieb zunächst unklar. „Sie kannten sich aber“, bestätigte Polizeisprecherin Daniela Dässel gestern Mittag. Ermittelt werde jedenfalls gegen beide. Schließlich stünden Körperverletzungsdelikte im Raum: Das Würgen des 22-Jährigen durch den Jüngeren sowie der Einsatz des Abwehrsprays durch den Älteren, das möglicherweise als fahrlässige Körperverletzung an den unbeteiligten Fahrgästen bewertet werden muss.

Erst vor gut einer Woche, am 30. Oktober, hatte es in Dormagen einen — allerdings anders gelagerten — Fall gegeben, bei dem Reizgas eingesetzt worden war. Eine junge Frau hatte sich damit gegen einen unbekannten Mann verteidigt, der sie an der Bahnhofstraße belästigt hatte. Der Angreifer war daraufhin gestürzt, die Frau konnte fliehen.

Obwohl in diesem Fall durch das Reizgas wahrscheinlich Schlimmeres verhindert werden konnte, bittet die Polizei im Rhein-Kreis Neuss um äußerste Vorsicht im Umgang mit entsprechenden Sprühgeräten. Sie dürften ausschließlich zur Verteidigung angewendet werden und würden auch Risiken für den Nutzer bergen. „Wer überprüft schon in einer Notsituation die Windrichtung, damit er sich nicht selbst außer Gefecht setzt?“, warnt die Polizei.

Auch die Reaktion des Gegenübers sei in solchen Situationen schwer einzuschätzen, so dass das Führen und Zeigen einer Art „Waffe“ die Wahrscheinlichkeit erhöhe, dass die Situation eskaliere. Im schlimmsten Fall werde das Verteidigungsmittel gegen das Opfer selbst eingesetzt.