Künstler machen Fahrt mit dem StadtBus zum Erlebnis
Das Nahverkehrsunternehmen feierte so seinen 20. Geburtstag.
Dormagen. Sie macht seit Jahren auf dem Stadtbus ihre Kilometer zwischen Horrem und der City, aber während der Fahrt von einem lebenden Baum umtanzt — unter Schminke und Kostüm steckte Körperkünstlerin Maja Maria — , das wurde Inge Michaelis noch nie. Die Reaktion der Seniorin: Zunächst Skepsis, dann ein beschwingtes Lächeln, als sie an der Weilerstraße Linie 884 verlässt. Michaelis war wie viele andere StadtBus-Reisende Probandin im Experiment StadtBus (Kul)Tour, mit dem das Nahverkehrsunternehmen gestern seinen 20. Geburtstag feierte. In allen Buslinien gab’s Kunst mit Kulturschaffenden aus der Region.
Dirk Wündrich hörte auf der Strecke vom Bahnhof zum Marktplatz Autorin Gisela Schäfer zu, die Reise-Geschichten aus eigener Feder zum Besten gab. „Mir hat das gut gefallen“, sagt er. Jazzgitarrist Sven Jungbeck brachte die lärmende Meute im Bus mit den ersten Akkorden auf seiner Gitarre zum Schweigen und zeigte sich „voll begeistert“ von der im Sinne des Wortes „Erfahrung“. Ebenso Gerald Siegl. Er brachte als Schnellzeichner mit Tusche die Gesichter der Fahrgäste zu Papier. Auch einen Spanier, der sein Porträt nun als Erinnerung an Dormagen mit in die Heimat nehmen kann. „Man hat manchmal nur drei Haltestellen Zeit“, schildert Siegl die Herausforderung des Bus-Jobs, ungleich schwieriger noch für Peter Engländer, der als Kohlezeichner mit dem Schaukeln des Gefährts zu kämpfen hatte. Großen Zuspruch erfuhr das Kulturexperiment von Migranten, die trotz Sprachbarriere der Lesung interessiert lauschten. „Für Kinder sehr gut“, sagte eine junge Mutter in holprigem Deutsch.
Wenige fühlten sich gestört oder nahmen mit Ohrstöpseln abgeschirmt den kulturellen Input gar nicht wahr, was dem Gelingen des Experiments aus Sicht der Akteure keinen Abbruch tut. „Wir würden das jederzeit wiedermachen“, sind sich die Blues-Musiker Thomas Gottschalk und Peter Lenzen einig, die mit dem Elvis-Klassiker „That’s alright Mama“ den Bus für sich einnahmen. Populäre Melodien, aber auf der Violine, bot auch Tatjana Faber. Klassik im Nahverkehr, für sie „ein gelungenes Experiment, das besonders bei den älteren Fahrgästen sehr gut ankam“. Am Marktplatz fanden den ganzen Tag lang kostenlose Kaffeespezialitäten und Thermo-Kaffeebecher reißenden Absatz. Konzipiert hatte die StadtBus Kul(Tour) der frühere Stadtmarketing-Leiter Guido Schenk.
30 Millionen Kilometer haben die rot-weißen Kolosse laut StadtBus-Geschäftsführer Klaus Schmitz in den vergangenen 20 Jahren zurückgelegt — nur die Personenbeförderung eingerechnet. Vier Millionen Kunden jährlich fahren StadtBus. „Ihnen wollen wir gemeinsam mit unserem Partner BVR auch in der Zukunft ein gutes und unfallfreies Mobil-Angebot machen“, so Schmitz. Bürgermeister Erik Lierenfeld betonte, dass keine andere Stadt von der Größe Dormagens ein vergleichbar enges Liniennetz hat.