Neuss: Blut-Vorrat nur für einen Tag

Im Rathaus gaben 260 Menschen ihr Blut. Doch generell sinkt die Bereitschaft.

Neuss. Ein erster Stich, ein Tropfen Blut, der Arzt misst den Eisengehalt im Blut, Puls und Blutdruck. Dann der eigentliche Pieks, und 15 Minuten später ist Anne Klimziaks 30.Blutspende ist vorbei. Die 60-Jährige nimmt von Beginn an am Spendenmarathon im Rathaus teil. Für sie ist das zur Selbstverständlichkeit geworden. "Schade, dass die Spendenbereitschaft zurückgeht und die Menschen so wenig Sozialverantwortung haben", bedauert sie.

Dabei wird der von Mephisto so benannte "ganz besondere Saft" dringend benötigt - zu jeder Tages- und Jahreszeit: "Der Bedarf ist gleichbleibend hoch", sagt Heinz Kapschak, Sprecher des DRK West. Das DRK-Zentrum Ratingen beliefert den Bereich Nordrhein mit den Regierungsbezirken Köln und Düsseldorf. "Mindestens 1000 Spender brauchen wir täglich", so Kapschak. Das ergibt 1200 bis 1500 Konserven.

Zur Anmeldung braucht der Spender einen Ausweis und muss in einem Fragebogen Auskunft über Krankheiten und Urlaubsgeschichte angegeben. Wer aus Spanien kommt, darf zurzeit wegen der Schweinegrippe nicht spenden. Im Labor in Hagen wird das Blut untersucht: Ermittelt wird die Blutgruppe und ob der Spender Syphilis, HIV, Hepatitis oder das Parvo-Virus B19 - besser bekannt als Ringelröteln - hat. "Das testen wir bei jedem aufs Neue, auch wenn derjenige bereits gespendet hat", so der DRK-Sprecher.

Ein Blut-Vorrat für drei Tage ist das Ziel. "Dann wären alle Blutgruppen ausreichend vorhanden", sagt Kapschak. Zurzeit reicht der Lagerbestand allerdings nur für einen Tag. "Ich will mir gar nicht ausmalen, was passiert, wenn zum Beispiel ein Flugzeug abstürzt", sagt er: "Derzeit können wir gerade das Minimum gewährleisten."

Darauf müssen die Kliniken vertrauen. Allein im Lukaskrankenhaus werden 4000 Konserven im Jahr benötigt: eine Konserve enthält 250 Milliliter Konzentrat, umgerechnet einen halben Liter Blut. Für Dr. Wolfgang Dick, den Leiter des Zentrallabors mit der Blutbank, ist die Knappheit an Spenderblut Normalität. Die Spendenfreudigkeit nehme ab, hinzu komme der demografische Effekt: Es gibt immer mehr alte Menschen, die scheiden als Spender aus.

Engpässe gibt es im täglichen Krankenhausbetrieb durchaus. "Dann besorgen wir uns Blutkonserven aus anderen Bundesländern", so Dick, der bei der Blutbank "ein gewisses Management" für unerlässlich hält. Denn große Vorräte zu lagern scheitert an der Haltbarkeit von nur etwa vier Wochen. "Die Blutgruppe 0 negativ ist immer knapp, manchmal trifft das aber auch auf die gängige Blutgruppe A zu." Die Menschen spenden eben nicht wie im statistischen Mittel. Bisher, sagt der Chef des Zentrallabors, habe man im Lukas noch keine Operation wegen Blutmangels verschieben müssen. Bisher. Garantieren, so Dick, lasse sich das nicht.

Ein wenig haben am Donnerstag die Neusser im Rathaus geholfen. Die Zielmarke von 400 Spendern wurde allerdings deutlich verfehlt.