Neuss: Das Gewölbe unter dem Markt

Der Keller der durch Feuer beschädigten Markt-Häuser ist im 17. Jahrhundert entstanden. Die Besonderheit: Der Keller ist um einiges größer als die Häuser über ihm, der Raum ragt unterirdisch bis zu der Robinie und dem Rinnstein hinaus.

Neuss. Es riecht muffig. Ohne die Taschenlampe sieht man die Hand vor Augen nicht. Dafür hört man besser: nämlich ein regelmäßiges Tröpfeln. "Wenn es regnet, tropft hier Wasser ’rein", erklärt Hausinhaber Jochem Hartmann in gedämpftem Ton. "Die Decke ist nicht dicht." Er steht mit einer kleinen Lampe im Keller der denkmalgeschützten Häuser am Markt 20-24, die im Januar durch einen Brand stark beschädigt wurden.

Die Besonderheit: Der Keller ist um einiges größer als die Häuser über ihm, der Raum ragt unterirdisch bis zu der Robinie und dem Rinnstein hinaus. Passanten liefen darüber, nicht ahnend, dass sich unter ihnen ein großer, tonnengewölbter Backsteinkeller befindet.

Nun steht eine Baustellenumzäunung um die Markthäuser 20-24, niemand kann über den Keller laufen. Nach dem Brand werden nun Eimer, Besen, Stuhl, Kartons und diverse Baumaterialien in dem zehn mal sechs Meter großen Keller gelagert.

Früher sah es dort anders aus: Im Laufe der Jahrhunderte zogen Fischhändler, Schuster und Schnapsbrenner ein und aus. Dementsprechend wandelte sich auch die Funktion des Kellers: Er wurde für gewerbliche Zwecke genutzt, vermutlich lagerten dort neben zahlreichen Lebensmitteln auch Handelswaren für den Verkauf.

"Damals konnte man von einer großen Öffnung auf dem Markt direkt Waren in den Keller bringen und herausholen", beschreibt Carl Pause, Leiter der archäologischen Abteilung des Clemens-Sels-Museums, die Historie. Lange schon ist die Öffnung zugemauert.

"Der Backsteinkeller und das über ihm errichtete Gebäude dürften zu Beginn des 17. Jahrhunderts entstanden sein", berichtet Historiker Pause. Im Laufe des Jahrhunderts scheint das Haus am Markt 20 beschädigt worden zu sein, denn Teile des Kellergewölbes stürzten ein.

Pause: "Später besserte man das Gewölbe aus und errichtete über dem Keller ein etwa fünf mal fünf Meter großes Fachwerkhaus mit fast quadratischem Grundriss."

Dieses war wesentlich kleiner als das vorherige Haus - deswegen war der vordere Teil des Kellers nicht überdacht, obwohl später die beiden Gebäude mit dem Hausnummern 22 und 24 an das bestehende Haus gebaut wurden.

Jochem Hartmann deutet auf die etwa 20 Stahlträger im hinteren Teil des Kellers. "Vor etwa 60 Jahren ist dort ein Bagger eingebrochen und beschädigte die durchgehende Betondecke des Marktes", berichtet er. Deswegen muss dort der Bereich ständig abgestützt werden. "Ich habe den Keller immer als Werkstatt und zur Gips-Lagerung benutzt", erzählt Hartmann.

Nach den Sanierungsarbeiten, die in etwa zwei Monaten beendet sein sollen, wird er das wohl nicht mehr lange machen können: Die Stadt, der ein Teil des Kellers gehört, möchte ein Drittel des Kellers zuschütten, um alles zu stabilisieren. Wann genau, steht jedoch noch nicht fest.