Neuss: Die Zähmung ist geglückt

Shakespeare: Das erfrischend-spritzige Spiel des Berliner Ensembles begeistert das Publikum im Globe-Theater.

Neuss. "Froh zu sein bedarf es wenig" stimmen die sechs Schauspieler munter im Kanon an und rücken in den Blick, worum es ihnen bei Shakespeares meist gespielter Komödie "Die Zähmung der Widerspenstigen" geht: "Was keinen Spaß macht, macht auch keinen Sinn." Die Shakespeare Company Berlin zeigt einen unkonventionellen Shakespeare, der das Publikum im Neusser Globe-Theater bestens unterhält.

Konsequent durchdacht ist das Konzept des Regisseurs mit einer modernen und gut gekürzten Textfassung von Christian Leonard. Viel Szenerie brauchen die Akteure dabei nicht: Die Farbe Rot gibt bei den Kostümen den Ton an, Requisiten sind quasi nicht vorhanden.

Tom Ryser nimmt das Publikum mit auf eine Reise nach Italien. Die umschwärmte Bianca darf erst dann heiraten, wenn auch ihre aufmüpfige Schwester Katharina unter der Haube ist. "Kratzbürste Kati" foltert Bianca mit Wäscheklammern, um sich dann doch bei ihrer Schwester auszuweinen: "Wenn die Liebe zuschlägt, hast du schon verloren." Alsdann wird ein abgebrannter Lebemann (Petruccio) auf Katharina angesetzt, um die Widerspenstige zu zähmen. Wie bei Shakespeare üblich, greifen die Heiratskandidaten, die um Bianca freien, zu allerlei List, um sich der Angebeteten zu nähern.

Ryser inszeniert genüsslich den Spaß am zynischen Spiel - mit viel Wortwitz und gelungener Überzeichnung - ganz frei nach Shakespeare. Den Berlinern gelingt ein luftig-leichter Theaterabend. Eine gewisse Raffinesse ist bisweilen dennoch zu vermissen. Nur vereinzelt zeigen die Vollblutschauspieler, dass sie sich nicht nur auf rabiaten Charme und rasante Wortspiele verstehen, sondern auch die leisen Töne und zurückgenommene Gesten beherrschen.

Gleich zu Beginn werden die Eckdaten für die nächsten zweieinhalb Stunden geklärt: "Das ist ein Stück über Männer und Frauen." Folglich gibt es da genug Stoff für komische Szenen. Es fliegen die Fetzen, Schlagfertigkeit ist gefragt. Streitlustig fordert Katharina Petruccio zum sprachlichen Wettkampf heraus: "Gern würde ich mich geistig mit Ihnen duellieren. Aber ich sehe, Sie sind völlig unbewaffnet", scherzt die Widerspenstige, die aus Sicht Petruccios "rau wie die Adria-Küste ist".

13 Rollen werden auf sechs Schauspieler verteilt, im fliegenden Wechsel schlüpfen die Charaktere in andere Rollen und aus diesen auch wieder heraus. So gewinnt das Spiel zusätzlich an Tempo und Witz. Das sommerliche Theatervergnügen nimmt im ICE (mit kaputter Klimaanlage!) nach Padua seinen Lauf, in dem der Wortwechsel nur dann zu hören ist, wenn die Türen des Abteils verschlossen sind: Geräusche wie Zugsignale, das Zuschlagen und Öffnen der Schiebetüren werden von den Schauspielern lautmalerisch mit "Schnack" und "Schnuck" untermalt. Die Reisenden werden arg durchgeschüttelt und schütten sich schon mal gegenseitig Cola ins Gesicht. Wie die Truppe das fast pantomimisch mit Körper- und Stimmeinsatz spielt, amüsiert sehr.