Neuss: Großer Auftritt eines Stardesigners

Langen Foundation: Karl Lagerfeld eröffnete seine Fotoausstellung „Konkret Abstrakt Gesehen“.

Neuss. Es ist sein Tag, sein großer Auftritt in der Langen Foundation auf der ehemaligen Raketenstation Hombroich, und die zahlreich erschienenen Besucher warten gespannt, dass er kommt: Karl Lagerfeld. Eine Stunde bleibt ihnen so, sich schon vorab mit der Bilderwelt des Meisters auseinander zu setzen. Unter dem Titel "Konkret Abstrakt Gesehen" zeigt der Fotograf Lagerfeld rund 80 teils großformatige und überwiegend schwarz-weiße Werke. Beeindruckend hat er Kabel, Geländer, Dächer, Menschen und Körperansichten ins Bild gesetzt.

Um punkt 12 Uhr betritt Karl Lagerfeld die Schau. Zielstrebig schreitet der Designer mit Sabine Langen-Crasemann als Sprecherin der Stiftung an seiner Seite durch den Ausstellungstrakt. "Ihn umgibt doch gleich eine Aura", raunt eine Besucherin fröhlich-hysterisch. Lagerfeld selbst macht einen unaufgeregten, professionellen Eindruck, der Großmeister der mimischen Ausdruckslosigkeit wirkt ganz entspannt. Die Ausstellung, die er mit seinem Freund und Verleger Gerhard Steidl und Kuratorin Chrysanthi Kotrouzinis extra für das Neusser Haus konzipiert hat, scheint ihm großes Vergnügen zu bereiten.

In der ihm eigenen Hastigkeit und in schnellen Sätzen outet sich der Wahl-Pariser als Fan des Architekten Tadao Ando. NRW-Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff formuliert es anders: "Lagerfelds Werke korrespondieren mit den Räumen der Langen Foundation. Dafür ein großes Kompliment."

Lagerfeld hat seinen Finger am Auslöser, wenn es darum geht, Momente des Lebens einzufangen, Augenblicke stiller Poesie - wie beispielsweise eine schöne Frau mit Hut, unterwegs in Paris. "Ich mag das Flüchtige", bekennt der Fotokünstler.

Lagerfelds Bilder sind Unikate - teils gerahmt und hinter Glas, teils auf Büttenpapier gedruckt. Die ersten Exponate stammen aus dem Jahr 1998, andere sind erst vor zwei Wochen entstanden. Rund 30 Arbeiten hängen klassisch in einer ewig langen Zweierreihe, andere sind so beiläufig arrangiert wie im Atelier eines Malers.

Im Gegensatz zu seinen Kollegen mit klassischer Fotografenausbildung kam Lagerfeld über die Mode zur Fotografie. Dieser Unterschied mag entscheidend dazu beigetragen haben, dass er seinen "Freistil" perfektionierte. Er wählt Ausschnitte, die in sich eine ästhetische Botschaft tragen. Er inszeniert Körperteile eines Adonis’ in schönen Posen an schönen Orten. Mit gleicher Technik werden von ihm Stahlnoppen, Treppengeländer oder ein Trottoir abgelichtet. So unprätentiös manche Bilder sind, das Spiel mit Licht, Schatten und Unschärfe gibt ihnen etwas Glamouröses. "Meine Werke sind planlos und planvoll zugleich. Man soll nicht zu sehr analysieren. Eine Einschätzung überlasse ich der Nachwelt", sagt Lagerfeld.

Eine Dame mit Hut, Sonnenbrille und Nerzschal drängt sich nach vorne. Andere folgen zögerlich. Ohne Allüren, sonst eher untypisch für das Allround-Genie, lässt sich Lagerfeld fotografieren und schreibt Autogramme. Um 12.30 Uhr ist der Mann verschwunden, seine Fotos bleiben - bis zum 4. Mai.