Neuss: Leben mit fremdem Herzen

Eine Transplantation rettete Bernhard Dicks das Leben.

Neuss. Immer wieder schlägt die Maschine einen schrillen Ton an. Eine junge Krankenschwester eilt herbei, tippt sie auf den Monitor des Dialysegerätes herum, bis das Piepen verstummt. Der Mann im Krankenbett ist Bernhard Dicks.

Er hat nicht einmal aufgeblickt. Lässig sitzt er im Bett, die Beine angewinkelt, die Decke über die Füße geworfen. Seine Haut istgebräunt, die graumelierten Haare wirken frisch geschnitten. Dreimal die Woche wird Dicks an das Dialysegerät im Etienne-Krankenhaus angeschlossen, vier Stunden wird sein Blut gewaschen.

Die seltene Muskelerkrankung "Mulitcore-Disease" ist für das Nierenversagen verantwortlich. Und sie schwächte sein Herz. "1985 wurde die Krankheit diagnostiziert. 1987 wurde mir ein Herzschrittmacher implantiert. Doch es ging mir immer schlechter.Vier Jahre später war ich so schwach, dass ich nicht mehr aus dem
Bett kam", erinnert sich Dicks.

"Der Tod schleicht dir bei dieser Krankheit immer hinterher", sagt erund zupft das Kissen im Rücken zurecht. Sein Vater ist gestorben, als er sechs Jahre alt war, sein Bruder wurde 31, seine Schwester 36 Jahre alt. "In der medizinischen Literatur findet man vielleicht 40 Fälle der Krankheit. Keiner von denen ist älter als 40 Jahre alt geworden", sagt der 54-Jährige.

Dass er noch lebt, verdankt er einer Herztransplantation. "Als ich nur noch so vor mich hindämmerte, bekam ich nach zweimonatiger Voruntersuchung die Nachricht, dass ich für eine Organspende in Betracht komme", sagt Dicks.

Nach sechs Tagen auf der Warteliste war schon ein passendes Herz gefunden. "Es war umwerfend", fasst sich Dicks knapp. Eine Anekdote will der zweifache Vater dann aber doch erzählen: "Meine Tochter war damals etwa sieben Jahre alt und wollte gerade zur Schule gehen, als
den Anruf der Ärzte kam. Ihre Mama war noch bei der Arbeit, also notierte sie: ,Papa wird heute appariert.’"

Fünfeinhalb Stunden dauert die Operation. Als Dicks aus der Narkose erwacht, teilen die Ärzte ihm mit, dass die OP trotz seiner Erkrankung ideal verlaufen sei. Dennoch muss der Neusser ein dreiviertel Jahr im Krankenhaus in Bad Oeynhausen bleiben, immer wieder fängt er sich Infektionen ein. Mal eine Lungenentzündung, dann Salmonellen, oder seine Niere versagt.

"Am schlimmsten fand ich es, meine Kinder nicht sehen zu können." Lisa und Max sind heute 26 und 22 Jahre alt, beide sind gesund. "Wir haben ein sehr inniges Verhältnis zueinander", sagt Dicks. Für seine Kinder hat er sich nach dem Krankenhausaufenthalt "gequält, bis er wieder auf die Beine kam".

Wessen Herz er in seiner Brust trägt, will Dicks nicht wissen. "Aber ich bin diesem Menschen unglaublich dankbar." Kardiologisch, sagt Dicks, sei bei ihm alles bestens. Nur die Medikamente, die das Abstoßen des Spenderorgans vermeiden sollen, indem sie die Funktion Immunsystems mindern, machen Probleme.

"Andauernd habe ich eine Infektion. Ein Schnupfen dauert bei mir drei Monate." Nun ist seine Niere endgültig zu schwach. In der nächsten Woche will sich Dicks auf die Warteliste für eine neue Niere setzen lassen. "Ich bin bereit für ein zweites Organ. Dann rechne ich mir auch gute Chancen auf ein Weiterleben aus."