Neuss: Schweigen zum Zinsgeschäft

Im Streit mit der deutschen Bank setzt die Stadt auf Gespräche.

Neuss. Im Rathaus ist es ist ruhig geworden um das Thema Zinsmanagement. Ruhig allerdings nicht, weil sich das Thema erledigt hätte. Die Stadt verhandelt nach wie vor über ihre Anwälte aus der renommierten Kanzlei Baum, Reiter und Kollegen mit der Deutschen Bank.

Und da ist offensichtlich striktes Stillschweigen vereinbart. "Kein Kommentar", heißt es nur aus der Rathausspitze. Das Geldinstitut hatte sich ohnehin nicht öffentlich zu dem Geschäft geäußert.

Die umstrittenen Zinsgeschäfte beschäftigen nicht nur Neuss. Einige Kommunen und kommunale Tochterunternehmen haben bereits gegen die Deutsche Bank geklagt. Immer geht es dabei um ausreichende oder unzureichenden Beratung über Derivatgeschäfte.

Mit den risikoreichen Geschäften lassen sich Zinszahlungen sparen. Bei den in Neuss und anderswo verkauften Derivaten ging es stark vereinfacht darum, die Zinsspanne ("Spread") von kurz- und langfristigen Krediten vorherzusagen. Ist diese Spanne groß, spart die Stadt; ist die Kurve flach, zahlt sie drauf. Genau diese Entwicklung traf unerwartet ein.

In Neuss läuft das Geschäft bis 2013, doch ist klar, dass das mit der Deutschen Bank - nach vorheriger Beratung - abgeschlossene Zinsgeschäft die Stadt Millionen kosten wird. In einem Gutachten hatte die Kanzlei Baum und Reiter der Stadt bescheinigt, sie habe gute Chance in einem Verfahren gegen das Geldinstitut, habe die Deutsche Bank doch "schuldhaft falsch beraten". Die Verwaltung setzt zunächst auf Gespräche.

Andere Städte haben geklagt - die ersten Urteile fallen unterschiedlich aus. Die hoch verschuldete Stadt Hagen, die im Gegensatz zu Neuss ohne Beratervertrag mit der Deutschen Bank abschloss, kam mit ihrer Klage vor dem Wuppertaler Landgericht nicht durch. Einer städtischen Tochter aber muss die Bank knapp eine Million Euro zurückzahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Völlig unklar ist, wie viele Kommunen und Tochterunternehmen derartige Geschäfte eingegangen sind und um welche Summen es insgesamt bei den diversen Drohverlusten geht. Die in Verruf geratenen Derivatgeschäfte, die jetzt niemand mehr abschließt, waren und sind allerdings durchaus legal, wurden über Jahre geradezu propagiert.

Innerhalb der Landesregierung stehen sich in der Bewertung das eher misstrauische Innenministerium und das Finanzressort gegenüber, das selbst umfangreiche Zinsgeschäfte abgeschlossen hat - angeblich in Milliardenhöhe.

In Neuss gibt es das Derivatgeschäft mit den Krediten aus der Stadtentwässerung und das mit der West LB abgeschlossene, das mit Krediten der Kern-Stadtverwaltung arbeitet. Das sind die einzigen Deals dieser Art.

Zugeknöpft gibt man sich im Rathaus zur aktuellen Entwicklung. Im Juni 2006 hatte der Spiegel mit einer Veröffentlichung zum Thema für allgemeine Unruhe gesorgt, danach wurden kaum noch Geschäfte dieser Art abgeschlossen. Die Verjährungsfrist jedenfalls liegt bei drei Jahre. Vielleicht ist man ja im Sommer 2009 auskunftsfreudiger im Rathaus...