Neuss: Verwandlungen mit Mut zur Hässlichkeit

Fast 50 Mädchen können bei den Mädchentagen in andere Rollen schlüpfen.

Neuss. Mut zur Hässlichkeit - normalerweise würden junge Mädchen dieses Motto nicht freiwillig unterschreiben. Doch als Kabarettistin Bärbel Reimer ruft: "Schön sind wir doch sowieso, lasst uns schauen, was sonst noch alles in uns steckt", lassen sich die Elf- bis 15-Jährigen nicht lange bitten. Sie schlüpfen in die Kostüme und verwandeln sich in dickliche Hausmütterchen und alte Männer.

Beim Workshop "Gläserner See" nimmt Rahel (13) die größte Verwandlung vor - sie wird zur Kuh und sagt über sich selbst, dass sie eher mutig ist. Doch beim 12. "Neusser Mädchentag" sollen auch die weniger Mutigen gefördert werden.

Neue Freundschaften knüpfen, sich ausprobieren und behaupten, Grenzen entdecken und überschreiten: Die Ziele der Aktion sind alt, doch das Konzept neu. Zum ersten Mal müssen sich die etwa 50 Mädchen nicht auf einen Workshop festlegen, sondern können von Dienstag bis Donnerstag alle sechs Themen ausprobieren. Das Hauptthema: eine Schatzsuche. Der Weg dorthin: vielseitig.

Die Zimmer im Haus der Jugend mit den Workshops heißen nun "Felsen des Echos" (Singen), "Schleuderkammer" (Tanz), "Oase des Glücks" (Massage), "Zauberwald" (Skulpturen bauen) oder "Höhle der Finsternis" (Bewegung). In dieser tapsen die Mädchen mehr oder weniger unbeholfen mit verbundenen Augen an einem Seil über Hindernisse, beispielsweise Kastanienfelder und Sandkasten. "Wo bist du?" hallt es durch den Raum.

Ein paar Zimmer weiter bastelt die elfjährige Kira eine Libelle aus Maschendraht und Zeitungen. "Irgendwie hält das nicht", sagt sie stirnrunzelnd. Schnell findet sie die Lösung, nämlich mehr Kleister.

"Mädchentage sind heute noch genauso wichtig wie vor zwölf Jahren", sagt Sozialpädagogin Renate Wenning von der Stadt Neuss. Mädchen aus den unterschiedlichsten Elternhäusern finden sich im Laufe der drei Tage als Gruppe zusammen, Konkurrenzdenken und Zicken-Krieg gibt es danach nicht mehr. "Das funktioniert so nicht, wenn Jungs dabei sind", sagt sie, da diese oft lauter oder dominanter seien. Mittlerweile wachse der Leistungs-, Schlankheits- und Schönheitsdruck auf die junge Generation immer mehr. "Hier bleibt es wichtig, sich behaupte zu können."

Doch auch die Jungs haben aufgeholt: Mittlerweile feiern die Jungentage fünfjähriges Bestehen.