Staatsschutz ermittelt gegen einen Neusser „Reichsbürger“
Der Mann soll Mitarbeiter des Kommunalen Ordnungsdienstes bedroht haben. Seit dem Todesfall in Franken brüsten sich immer mehr Menschen, sogenannte „Reichsbürger“ zu sein.
Neuss. Der Staatsschutz ermittelt gegen einen Neusser, der sich selbst zur Gruppe der sogenannten „Reichsbürger“ zählt. Das bestätigte gestern ein Sprecher der Politischen Polizei beim Polizeipräsidium Düsseldorf. Es ist einer von zwei Fällen, mit denen es die örtlichen Behörden zu tun hatten — und zwar ein gravierender. Denn der Neusser hat bei einer Auseinandersetzung mit Beamten des Kommunalen Servicedienstes (KSD) der Stadt behauptet, eine Schusswaffe zu besitzen. „Deshalb ist das auch mehr als ein Beleidigungsverfahren“, hieß es auf Nachfrage aus Düsseldorf.
Drohung, die der „Reichsbürger“ gegenüber Stadtmitarbeitern geäußert haben soll
Seit vor gut drei Wochen im mittelfränkischen Georgens-gmünd ein Polizist durch die Kugeln eines 49-jährigen „Reichsbürgers“ zu Tode kam, hat sich der Blick von Polizei und Öffentlichkeit auf diese Gruppe gewandelt. Diese Bluttat scheint die „Reichsbürger“, die die Existenz der Bundesrepublik Deutschland leugnen, wiederum für andere Zeitgenossen attraktiv zu machen. Offenbar vor allem für jene, die mit der „Staatsmacht“ und deren Organen zu tun bekommen haben.
Die beiden Fälle in Neuss scheinen zumindest so zu liegen. Ein Pärchen, dem am Ende eines Zivilprozesses die Zwangsräumung ihrer Wohnung in der Innenstadt drohte, plusterte sich vor dem damit beauftragten Gerichtsvollzieher als „Reichsbürger“ auf. Als der vergangene Woche in Polizeibegleitung wiederkam, ging die Räumung „ganz friedlich“, wie Polizeisprecherin Diane Drawe hervorhob, über die Bühne.
Auch der ins Fadenkreuz des Staatsschutzes geratene Neusser wurde nach Darstellung der Ermittler wohl erst nach dem Polizistenmord in Bayern ein „Reichsbürger“. Er war immer wieder mit Streifenbeamten des KSD aneinander geraten, weil er seinen Hund nie an die Leine nahm. „Der Mann ist seit Jahren auffällig“, sagt Stadtsprecher Peter Fischer mit Verweis auf etliche abgeschlossene oder noch offene Bußgeldbescheide.
Im Sommer habe er den KSD-Beamten schon gedroht, im Besitz einer Waffe zu sein, und sie mehr als einmal beleidigt. Massiv bedroht wurden die Ordnungskräfte aber vor allem am 16. beziehungsweise 17. Oktober. Lautstark und aggressiv über den Marienkirchplatz gebrüllte und für andere Passanten hörbare Drohungen wie „Ich baller dich weg. Wer soll mich daran hindern?“ seien nach Fischers Angaben genauso dokumentiert worden wie die Aussage des Neussers, den „Anweisungen von Vertretern der Verbrecherregierung“ nicht nachzukommen, weil „die nicht existiert“.
Den Bericht über diese Vorfälle gab die Stadt an die Polizei weiter. „Wir lassen uns von niemandem bedrohen“, stellte dazu gestern Ordnungsdezernent Ralf Hörsken auch für die Zukunft klar.
„Reichsbürger“, so beantwortete Landrat Hans-Jürgen Petrauschke derweil im Kreisausschuss eine Anfrage der Grünen-Fraktion, „sind im Rhein-Kreis in den vergangenen Jahren nur vereinzelt im Rahmen der Allgemeinkriminalität in Erscheinung getreten“.
Über die Organisationsstärke oder Zusammensetzung dieser Gruppe könnten Verwaltung und Polizei keine belastbaren Aussagen machen. Sogenannte „Reichsbürger“ würden immer nur dann auffallen, wenn sie sich selbst outen — wie etwa der Kaarster, der wie berichtet die Internetseite „Deutsche Reichsdruckerei“ betreibt.
Auf die Frage von Erhard Demmer (Grüne), wie viele der bekannten „Reichsbürger“ legal eine Waffe besitzen, konnte Petrauschke sagen, dass auf Personen aus diesem Kreis keine Waffe zugelassen ist.