Stammzellen: Entscheidung des Gewissens für den Neusser Hermann Gröhe
Bundestagsdebatte: Hermann Gröhe (CDU) weiß noch nicht , ob er einer Verschiebung der Stichtagregelung zustimmen wird.
Neuss/Berlin. Wenn am Donnerstag der Bundestag zum Thema "Stammzellenforschung" zur 1. Lesung zusammentritt, wird eine sehr ernsthafte Diskussion erwartet. Die Abgeordneten müssen entscheiden, ob der Stichtag zur Einführung embryonaler Stammzellen bestehen bleibt, ob er auf Mai 2007 vorgezogen wird oder ganz fällt. Dabei wird unabhängig von Fraktionszwängen argumentiert, so gibt es einen gemeinsamen Antrag von Friedrich Merz (CDU/CSU) und Hans-Christian Ströbele (Grüne) für den Stichtag-Erhalt, einen von Gregor Gysi (Die Linke) und Guido Westerwelle (FDP) für die Freigabe oder einen Vorstoß von Konrad Schily (FDP) und dem Grünen Volker Beck zum Verbot der Stammzellenforschung. Und Hermann Gröhe? Der CDU-Bundespolitiker aus Neuss, seit Jahren profilierter Kirchenvertreter und Mitglied im Rat der EKD, ringt mit der Entscheidung. Bei der ersten Stammzellen-Debatte vor sechs Jahren hatte er gegen die Stichtagregelung, die sich durchsetzte, gestimmt. "Ich lehne die Zerstörung und Tötung von Embryonen ab", sagt Gröhe, "und ich will nicht, dass von Deutschland aus Anreize dazu ausgehen." Dennoch mag der Jurist und überzeugte Protestant nicht verhehlen, dass es nun "respektable Gründe für eine einmalige Verschiebung" gebe. Diese Position vertritt Annette Schavan, ebenfalls Neusserin und als Bundesforschungsministerin und frühere Vizepräsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken in exponierter Lage. Viel Kritik von Kirchenseite hat die Politikerin ertragen müssen. Gröhe weist harsche Verurteilungen zurück. Festlegen ("Ich quäle mich bewusst bei diesem Thema") mag er sich jetzt noch nicht. Er setzt auf die Expertenanhörung, die der morgigen Debatte folgen wird. Vielleicht, so Gröhe, gebe es ja einen ganz kleinen Korridor, der ermögliche, mit alten Stammzelllinien neueren Datums zu forschen, "um möglichst schnell aus dieser Forschung aussteigen zu können."