Besucht jetzt doch zuerst das Jugendamt die Neugeborenen?

Frühestens Ende 2009 wird ein Besuchsdienst bei Familien von Neugeborenen eingerichtet – eventuell mit Personal des Jugendamts.

Sprockhövel. Ihre Neugeborenen sind der Stadt viel wert. Das soll in Zukunft auch rein formell durch einen "Begrüßungs-Besuch" bei den jungen Familien dokumentiert werden. Die CDU möchte dafür gerne den Bürgermeister und andere offizielle Vertreter der Stadt einspannen.

Das Jugendamt hat dagegen wie berichtet vorgeschlagen, ab 2009 probeweise für ein Jahr eine Familienhebamme der Awo zu schicken, die neben kleinen Geschenken und nützlichen Ratschlägen rund um die Versorgung von Säuglingen auch ein ganzes Infopaket mit Anlaufstellen und Angeboten für junge Familien mitbringt. Neben dem Zeichen der Wertschätzung sollte das ein erster kleiner Baustein früher Familienhilfen sein und auch einen präventivem Gedanken verfolgen.

Doch aus beiden Vorschläge wird (vorerst) nichts. Beide fanden nach kontroverser Diskussion im Jugendhilfeausschuss keine Mehrheit. Stattdessen soll das Jugendamt nun prüfen, wie ein solcher Besuchsdienst eventuell mit eigenen Fachkräften zu leisten ist.

Dass eine Personalaufstockung notwendig sein könnte, schließt Fachbereichsleiterin Evelyn Müller ohnehin nicht aus. Ab Januar gilt für Familien die gesetzliche Pflicht, mit ihrem Kind an den turnusmäßigen U-Untersuchungen teilzunehmen, bei denen ein Kinderarzt Gesundheit und den altersgemäßen Entwicklungszustand der Kinder überprüft.

Darin sieht der Gesetzgeber ein wichtiges Vorsorgemittel, um möglichen Fällen von Kindesvernachlässigung oder -missbrauch künftig früher auf die Spuren kommen zu können. Versäumen Eltern diese Untersuchung und holen sie sie auch nach mehrfacher Aufforderung nicht nach, muss sich künftig das Jugendamt einschalten.

"Im Extremfall wird es sicher auch nötig sein, dann zu Hause persönlich nachzufragen. Aber wie groß der Arbeitsaufwand ist, dazu müssen wir erst Erfahrungen sammeln”, so Müller. Das soll bis Mitte/Ende 2009 geschehen, danach dann auch über den Erstbesuch bei Neugeborenen neu diskutiert werden.

Die CDU hätte die Gedanken der Wertschätzung und der Prävention gerne völlig voneinander getrennt. "Wir wollen zeigen, dass Sprockhövel eine kinder- und jugendfreundliche Stadt ist", plädierte Helga Wieland-Polonyi für die Idee eines Bürgermeister-Besuchs.

"Zu Senioren geht er ja auch bei runden Geburtstagen", fügte sie an. "Da gehört eine Fachkraft hin, ich möchte eventuell auch beraten werden, ob der Bürgermeister da etwas reißen kann", sagte dagegen Ralf Hausherr (Grüne), selbst junger Vater, und sprach für die Mehrheit des Ausschusses.

Den Besuchsdienst nun ohne weiteres für ein Jahr an die Awo zu vergeben, wollte eine Mehrheit aber auch nicht mitmachen. Sie hätte sich vorher zumindest gewünscht, auch andere Anbieter zu fragen. "In Schwelm startet man jetzt mit der Awo, ein anderer Anbieter war uns nicht bekannt, deswegen haben wir vorgeschlagen, das ebenfalls zu testen. Wir wollten gerne so schnell wie möglich damit beginnen", verteidigte sich Evelyn Müller.