Christel Humme: SPD-Frau im Schatten der CDU-Ministerin

Christel Humme will den Wahlkreis 140 wieder direkt holen. In insgesamt elf Jahren im Bundestag war sie immer mit in der Regierungsverantwortung.

Sprockhövel. "Guck mal, die Hummel, die kenn ich", ruft ein Rentnerehepaar, als es am Wahlkampfstand der SPD-Bundestagsabgeordneten Christel Humme vorbeischlendert und die Parlamentarierin erblickt. "Die Hummel heißt ohne L", antwortet die indirekt Angesprochene lächelnd auf die wohlwollend gemeinte Frotzelei. Hier auf dem Wochenmarkt in Hattingen Welper kann sie sich des ur-sozialdemokratischen Wählerpotentials relativ sicher sein, wirkt entspannt, auch wenn sie sagt: "Ich kämpfe um jede Erststimme."

Über die Landesliste (Platz 25 - zuletzt zog Platz 20) ist Humme auch in ihrer inzwischen vierten Wahlperiode kaum abgesichert, denn stets hat sie ihr Mandat direkt geholt. Vor vier Jahren erzielte sie im Wahlkreis 140 (Hattingen, Sprockhövel, Witten, Herdecke) 52 Prozent - und so ist die 59-Jährige zuversichtlich, auch am 27. September ein Ergebnis zu bekommen, das ihr vier weitere Jahre in Berlin beschert.

"Ich habe noch Power, der Job macht mir Spaß, das ist positiver Stress", versichert sie. In insgesamt elf Jahren im Bundestag war sie immer mit in der Regierungsverantwortung.

"Das war natürlich schön, weil man vieles verändern konnte und nicht nur für den Papierkorb gearbeitet hat", sagt Humme. Elterngeld, Ausbau der Betreuungsplätze - alles sozialdemokratische Forderungen, von denen sie sich anfangs noch nicht habe träumen lassen, dass sie in diesem Maße Wirklichkeit werden würden.

Dass damit in der öffentlichen Wahrnehmung eher der Name der CDU-Familienministerin Ursula von der Leyen verbunden wird, damit muss die SPD-Familienexpertin aus Witten leben. "Allein hätte Frau von der Leyen das in den eigenen Reihen nicht durchsetzen können", reklamiert sie den eigentlichen Erfolg für ihre Partei. Als Humme vor fünf Jahren noch Sprecherin im Familienministerium von Renate Schmidt (SPD) war, da hätten die Pläne schon als Gesetzesentwurf in der Schublade gelegen. Dann rief Gerhard Schröder Neuwahlen aus - und erst dann wurde die CDU zum Partner, der die Gesetze umsetzen half.

Spricht das nicht wieder für Schwarz-Rot? Humme: "Es hat sich zwar gezeigt, dass mit Frau von der Leyen vieles möglich ist, aber mit den Grünen ist unsere Politikvorstellung, glaube ich, schneller durchsetzbar." Die Börsenumsatzsteuer etwa und der Bildungssoli "für die ganz Reichen", wie Humme Bezieher von mehr als 125000 Euro netto monatlich nennt, um mit dem Erlös mehr Erzieherinnen einstellen zu können. Nach der Quantität solle damit auch die Qualität der Betreuung verbessert werden.

Nachholbedarf sieht sie in der Gleichstellungspolitik, fordert etwa eine gesetzliche Frauenquote von 40 Prozent bei der Besetzung von Aufsichtsräten. "Wir haben zwar jetzt die Antidiskriminierungsstelle, aber die Familienministerin unterstützt sie nicht richtig", wirft sie von der Leyen vor. Bei "Frank-Walter" hätten die SPD-Frauen dagegen ein offenes Ohr gefunden, lobt Humme Kanzlerkandidat und Parteichef Steinmeier und seinen kooperativen Führungsstil. Da habe man angesichts häufiger Wechsel in der Parteiführung schon anderes erlebt. In Steinmeiers 20-köpfiges Wahlkampfteam hat Humme aber keine Aufnahme gefunden. Dort soll die 35-jährige Manuela Schwesig als Familieexpertin und Gegenpart zu von der Leyen aufgebaut werden.

Christel Humme nimmt es gelassen. Sie will nur weiter mitgestalten.