Nur noch 18,5 Millionen Eigenkapital

Die finanziellen Reserven Sprockhövels gehen zur Neige. Das Ausmaß der Verschuldung wird jetzt deutlicher.

Sprockhövel. Zweieinhalb Jahre nach der Umstellung auf Neue Kommunale Finanzwirtschaft (NKF) mit Gewinn- und Verlustrechnung hat Kämmerer Karl-Heinz Tietje die Eröffnungsbilanz der Stadt vorgelegt. 136 Millionen Euro Werte aus Straßen und Wegen, Gebäuden und Fahrzeugen stehen auf der Haben-Seite. Doch gleichzeitig gab es für Sprockhövels Finanzpolitiker eine unangenehme Nachricht.

Nach Abzug von Verbindlichkeiten, Pensionsrückstellungen und Sonderposten bleiben nur noch 18,5 Millionen Euro an Eigenkapital übrig - nicht mehr wie erwartet rund 35 Millionen. Das heißt, sollte sich in den kommenden Jahren nichts daran ändern, dass die Stadt jährlich neue Defizite anhäuft, liegt der Zeitpunkt einer Überschuldung nicht mehr fern. Die Stadt dürfte schon bald wieder unter Kontrolle der Finanzaufsicht geraten.

Das machte Tietje bei der Vorlage der Bilanz deutlich. Die Ausgleichsrücklage, die jeder Stadt abhängig von ihrer Steuerkraft mit Umstellung auf das NKF zugebilligt wurde, ist nämlich voraussichtlich bereits Ende des Jahres (kalkuliert ist bisher ein Minus von 4,5 Millionen Euro) aufgebraucht. Danach geht es ans Eigenkapital. Und die Eigenkapitalquote von nur 13,7 Prozent gehört zu den niedrigsten vergleichbarer Städte.

Dass die Bilanz erst jetzt vorliege, habe daran gelegen, das nach Rücksprache mit der Gemeindeprüfungsanstalt und neuen Vorgaben des Landes immer wieder Berechnungsvoraussetzungen verändert werden mussten, sagte Tietje. Wesentlich mehr musste unter Sonderposten (besagen, wie viele öffentliche Zuwendungen oder Anliegerbeiträge es für Straßen oder Gebäude gibt) gebucht werden, was zur rechnerischen Verringerung des Eigenkapitals führte.

"Andererseits dürfen wir daraus aber jetzt auch jährliche Erträge einrechnen", beschrieb Tietje auch einen positiven Effekt. Rückwirkend für 2007 und 2008 und auch für die nächsten Jahre erwartet er daraus jährliche Verbesserungen von bis zu 500.000 Euro. Das müsse er aber jetzt erst einmal genau berechnen.

"Unter dem Strich gleicht sich das in etwa aus, die Lage ist deshalb nicht kritischer geworden als ohnehin", konterte Bürgermeister Klaus Walterscheid Vorwürfe von FDP und Grünen, die den Zeitpunkt der Bekanntgabe nach der Kommunalwahl mit Verwunderung quittierten.

Noch mehr galt das allerdings für die aktuelle Einschätzung des Kämmerers für das laufende Jahr, der jetzt von Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer von 1,9Millionen Euro nach derzeitigem Stand spricht. Im Juni hatte er noch mitgeteilt, dass das Gewerbesteueraufkommen bis dahin hoffen lasse, zumindest 2009 noch ohne Verluste auszukommen.

Als Folge der Wirtschafts- und Finanzkrise rechnete er für 2010 bis 2012 schon da mit einer Verschlechterung gegenüber der bisherigen Finanzplanung um sechs Millionen Euro. Darüber hinaus werde sich der Schuldenstand noch negativer bemerkbar machen, wenn die derzeit historisch niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt wieder anziehen.

"Wir haben immer gesagt, dass die Einnahmeerwartungen zu optimistisch sind. Vor diesem Hintergrund hätten einige Investitionsentscheidungen nicht fallen dürfen", schimpfte Bodo Middeldorf (FDP). Für den leisen Vergleich mit Dortmund, wo nach der Wahl ein Millionen-Haushaltsloch aufgetaucht war, warfen ihm CDU und SPD Populismus vor.

Kämmerer Tietje verteidigte sich: "Erst am 24. Juni kamen die ersten Meldungen von Firmen, die ihre Steuervorauszahlungen reduziert haben." Bereits sechs Wochen vor der Wahl habe er mit einer Verschärfung der Haushaltssperre reagiert.