Konrad Schily (FDP) setzt ganz auf den Erststimmen-Wahlkampf
Ex-Präsident der Uni Witten/Herbede will wieder nach Berlin.
Ennepe-Ruhr. Den Button "Meine Erststimme für Dr. Konrad Schily" trägt der FDP-Bundestagskandidat für den Wahlkreis 140 (Sprockhövel, Hattingen, Witten) demonstrativ und fast trotzig am Revers. Der 71-jährige Bruder von Ex-Bundesinnenminister Otto Schily führt einen fast reinen Erststimmenwahlkampf. "Meine Chance ist das Direktmandat, sonst keine", sagt er knapp.
Hörbar schwingt Enttäuschung mit, dass die Partei einen mit seinem Profil nach einer Legislaturperiode im Bundestag quasi hängen lässt. Der Bezirksvorstand hatte beschlossen, der Siegener Kandidatin Helga Daub, die vor vier Jahren bei der Zuteilung eines sicheren Listenplatzes hinter Schily zurückstehen musste, diesmal den Vorzug zu geben.
Schily hatte sich darüber so geärgert, dass er zum Landesparteitag, als die Reserveliste aufgestellt wurde, nicht erschien. "Ein Fehler", sagt er heute, denn dort wurde nach ihm gefragt, erhielt Daub trotz Bezirksempfehlung nur eine knappe Mehrheit.
Für Parteispielchen wie diese hat Schily wenig Verständnis, genauso wie Ungeduld aus seiner Stimme spricht, wenn er über die langwierige Gremienarbeit im Bundestag berichtet. Die weise bereits parteiintern die ersten Hürden auf, bis ein Vorhaben angepackt werden könne.
"Insofern waren die ersten vier Jahre zum lernen, jetzt würde ich mich stärker zu Wort melden und um Sprecherfunktionen bewerben", versichert er. Auch deshalb will er sie unbedingt, die zweite Legislaturperiode und bittet die Wähler um die zweite Chance.
Seine Meinung vertritt er stets kompromisslos, wie etwa in der Stammzellendebatte. Er spricht sich generell gegen die Verwendung embryonaler Stammzellen aus. "Das ist eine ethische Frage, da gibt es keinen Kompromiss." Als solchen bezeichnet er dann den interfraktionell gefassten Beschluss, dass zwar keine embryonalen Stammzellen mehr gewonnen werden, die bis zum Jahr 2008 gewonnenen aber noch verwendet werden dürfen.
Nicht ganz zufrieden stellte ihn auch der Beschluss der zweiten Interfraktionellen Arbeitsgruppe, in der er mitgearbeitet hat. Die nahm weibliche Genitalverstümmelung, die bei in Deutschland lebenden Frauen aus Afrika leider immer noch vorkommt, zwar als Straftatbestand auf, statt Körperverletzung hätte Schily aber gerne schwere Körperverletzung ins Gesetz geschrieben.
Beim Thema Gesundheit redet sich Mediziner Schily (Hier bin ich, das kann ich.") endgültig in Fahrt. "Die Gesundheitsreform ist gescheitert. Sie hat mit Regulierung und Budgetierung den Zwang auf Krankenkassen, sich zu vergrößern, verstärkt. Billiger geworden ist es aber nicht, nur die Pharmaindustrie ist wie immer gut weggekommen." Überhaupt die Pharmaindustrie, die aus seiner Sicht aufgebauschte Hysterie um die Schweinegrippe, sei für die ein Riesengeschäft.
Schilys These: Kleine Kassen können sich viel besser um die individuellen Belange der Menschen kümmern. Er kann sich auch eine gemeinnützige Kasse für untere Lohngruppen vorstellen. Die Zwangskollektivierung des Staates führe dagegen nur zu einer Verschärfung der Zwei-Klassen-Medizin. Mit seinen Thesen war er schon im Fernsehen bei Maischberger, Beckmann und Böhme. In der eigenen Partei scheint er dagegen nicht immer gehört zu werden.