Personalgewinnung Sprockhöveler Apotheker wünschen sich mehr Zuständigkeiten
Sprockhövel · Der Beruf soll attraktiver werden, um mehr Personal zu gewinnen – in Sprockhövel seien die Menschen gut versorgt.
Vor wenigen Monaten prognostizierten die Medien, viele Apotheken müssten schließen, die Versorgung der Bevölkerung werde schlechter. Die Sprockhöveler Bürgerinnen und Bürger können sich angesichts solcher Meldungen entspannt zurücklehnen: Mit vier Apotheken im Stadtgebiet gibt es hier keinen Versorgungsengpass.
Zwei sind es jeweils in Haßlinghausen und in Niedersprockhövel. „Den Bereich von Haßlinghausen und seinem Umland können wir mit zwei Apotheken sehr gut versorgen. Mehr braucht es hier nicht“, erklärt der Leiter der Glückauf-Apotheke, Malte Kehrmann. Zu den Meldungen, es gebe ein Apothekensterben, hat er eine Einschätzung, die die Entwicklung der zurückliegenden Jahre betrachtet: „Vor einigen Jahren schossen Apotheken wie Pilze aus dem Boden.“
Dass sich diese Entwicklung jetzt langsam wieder normalisiert, hält er für einen ganz normalen Prozess der Marktbereinigung. Er habe von einiger Zeit eine Reportage zu diesem Thema gesehen: „Dort wurde formuliert, die Apotheken seien die ‚Ratten der Fußgängerzone‘.“
Die Stärke der ansässigen Apothekerinnen und Apotheker sei die kompetente Beratung und die Abgabe von Medikamenten entsprechend der Verordnung der Ärzte, findet Kehrmann. Für die vorhandenen Apotheken qualifiziertes Personal zu gewinnen, darin sieht er eine der aktuellen Herausforderungen. Der Schlüssel liege, darin ist er sich mit seinen Berufskollegen einig, in einer guten Bezahlung der Fachkräfte.
Das sieht Michael Mahl, der Vorsitzende der Bezirksvertretung des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe, genauso: „Fast 20 Jahre lang haben die Gehälter nur knapp die Inflation ausgeglichen. Es ist gut, dass es jetzt im Zusammenhang mit Tarifabschlüssen deutliche Verbesserungen gibt“, weiß auch er, dass es gutes Personal nicht zum Nulltarif gibt. Allerdings fordert er auch die Unterstützung der Apotheker durch die Politik: „Die Kosten für die Apothekerinnen und Apotheker können auch nicht ins Uferlose steigen; das können wir ja sonst gar nicht mehr stemmen“, fordert er Tarifabschlüsse mit Augenmaß.
Mehr junge Menschen ins Pharmaziestudium bringen
Auch in anderer Hinsicht sehen die beiden Sprockhöveler Apotheker den Gesetzgeber in der Pflicht: Die Internetapotheken haben ihren Firmensitz häufig im Ausland. Das bedeutet, dass eben auch nicht nach deutschem Arzneimittelgesetz gehaftet wird, sondern dass das Recht des Landes angewendet wird, in dem das Unternehmen seinen Firmensitz hat. Grundsätzlich haben beide Apotheker nichts gegen den Versand von Arzneimitteln durch deutsche Apotheken innerhalb Deutschlands. Auch einen Kostenfaktor hebeln ausländische Versandapotheken aus: „In den Niederlanden liegt der Umsatzsteuersatz für Medikamente bei neun Prozent. So können diese Medikamente natürlich im Vergleich zum deutschen Markt billiger angeboten werden“, begründet Michael Mahl die günstigeren Preise der ausländischen Versender.
Grundsätzlich sei die wirtschaftliche Situation deutscher Einzelkaufleute, die Apotheker seien, kaum mit der von Konzernen zu vergleichen, die durch Investoren mit Grundkapital finanziert werden. Außerdem gebe es in Deutschland eine Arzneimittelpreisverordnung, die Rabatte unmöglich mache. Dass sich deutsche Apotheker daran halten, kontrollieren alle zwei Jahre Amtsapotheker.
Um zukünftig Engpässe bei den Apotheken zu vermeiden, sieht Apotheker Michael Mahl eine Verantwortung auch im Bereich der Bildungspolitik: „Grundsätzlich müssten mehr junge Leute Pharmazie studieren. Das ist aber wohl – neben dem der Medizin – der teuerste Studiengang überhaupt“, sieht Mahl in dieser Sparpolitik auch eine Ursache für den Flaschenhals. Außerdem gingen viele Pharmazeuten in die freie Wirtschaft. „Unser Beruf ermöglicht uns ein auskömmliches Leben, aber in der Pharmaindustrie würden wir ein x-faches von dem verdienen“, hat er Verständnis dafür, dass junge Leute diesen Weg gehen.
Einen anderen Aspekt, der den Beruf des Apothekers attraktiver machen würde, sieht Michael Mahl in einer Erweiterung der Zuständigkeiten: „Während der Pandemie haben wir ja gemeinsam mit den Arztpraxen geimpft. Wir sind durch unser Studium top qualifiziert, haben in Kliniken, in Operationssälen und Praxen gearbeitet. Dafür dürfen wir am Ende eigentlich sehr wenig“, bedauert er die enge Aufgabenzuteilung für Apotheker in Deutschland.
Im europäischen Ausland seien die Kompetenzen der Apotheker sehr viel differenzierter, wünscht er sich erweiterte Zuständigkeiten für seine Zunft im Gesundheitssystem und in enger Zusammenarbeit mit den Ärzten, um den Beruf attraktiver zu machen.