„Acht Prozent mehr Lohn, mindestens jedoch 350 Euro mehr pro Monat“ Mit diesen Forderungen ist die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) in die Tarifverhandlungen gegangen und verlieh denen am Mittwoch mit einem Busfahrerstreik spürbaren Nachdruck.
„Warnstreik am 12.3.2025. Es entfällt im gesamten Verkehrsgebiet der reguläre Fahrbetrieb im Busverkehr“, so stand es an einem Anschlag am Busbahnhof Nikolaus-Groß-Platz, dem Verkehrsknotenpunkt in Haßlinghausen, wo allerdings am Mittwoch-Mittag immer noch einige Unentwegte auf die Ankunft der nächsten Busse warteten. Mit Sicherheit vergebens.
Wie war die Reaktion auf den Ausstand unter den Fahrgästen, die wir schon am Dienstagabend an den Haltestellen in Haßlinghausen und in Niedersprockhövel am Busbahnhof an der Zwiebelturmkirche befragten? Ebenso wie am Streiktag die Einzelhändler, bei denen sich die Arbeitsniederlegung der Busfahrer unterschiedlich bemerkbar machte.
„Ich habe seit heute Morgen 6 Uhr geöffnet, und bisher sind nur sechs Kunden gekommen“, klagte Elia Awril, Inhaber von Awrils Kiosk“ direkt am Busbahnhof Haßlinghausen. „Mich trifft es besonders hart, weil der Einnahmeverlust nicht mehr aufzuholen ist. Die Menschen kaufen nicht morgen zwei Zeitungen oder die doppelte Menge Süßigkeiten, Getränke und Tabakwaren“, war die bittere Erkenntnis des Kioskinhabers. Er hatte ebenso mit fehlendem Umsatz zu kämpfen, wie Huseyin Onur, der weniger Meter entfernt die Pizzeria Don Camillo betreibt. „Es fehlen die Schüler, die von hier aus nach auswärts fahren und die übrigen Fahrgäste der Busse, die hier noch schnell etwas essen und trinken wollen,“ ärgerte sich der Gastronom.
Über Mangel an Kundschaft hatte man allerdings in den Geschäften auf der Mittelstraße nicht zu klagen: In der Bäckerei und Cafe´ Burggräfe, die ortsnahe Gäste und Kunden hat, herrschte normaler Betrieb. „Was, die Busfahrer streiken? Hier merkt man nichts davon“, hieß es dort ebenso wie in der Boutique Young fashion, wo man sagte: „Unsere Stammkundinnen und-kunden halten uns die Treue, egal, ob Busse fahren oder nicht.“ Und bei “Sudhoff – der Markenprofi“ wurde darauf hingewiesen, dass die meisten Kunden mit dem PKW vorfahren, in unmittelbarer Nähe bequem parken und ihnen die gekauften Elektrogeräte wie Fernseher oder Waschmaschinen ohnehin ins Haus geliefert würden.
„Wir sind ein Ski-Fachgeschäft, und unsere Kunden kommen nur selten mit dem Bus,“ sagte Christian Witt von Sport Krön auf der Mittelstraße.
Im Ausstattungshaus Gimbel mit Post-Service erklärte Sabrina Gimbel. „Wer hier ein Paket abgibt oder abholt, kommt im allgemeinen nicht mit dem Bus.“ Und das gleiche Argument hatte Stephan Rohnert von „Stephans Vinothek“ zur Hand. „Wer hier eine Kiste Wein kauft, der kommt mit dem eigenen PKW. Ich selbst habe heute Morgen meine Kinder mit dem Auto zur Schule gebracht“. so Rohnert.
Etwas Positives im Busfahrerstreik sah Kerstin Stang von „Mode Hedtfeld“. „Eine Kundin wollte eigentlich mit dem Bus nach Oberhausen zum `Centro`. Und weil kein Bus fährt, hat sie sich jetzt hier vor ihrer Haustür umgesehen, weil sie fußläufig alles erledigen kann.“
Bereits am Vortag waren wir an den Busbahnhöfen unterwegs und stießen auch hier zum Thema Streik auf unterschiedliche Meinungen.
„Ich habe mir einen Tag Urlaub genommen, weil ich nicht weiß, wie ich nach Schwelm zur Arbeit kommen soll“, zeigte sich Ina Blum sichtlich verärgert. „Ich finde, dass Ver.di es auf die Spitze treibt,“ meinte sie und riet jedem, der mit seiner Bezahlung nicht zufrieden sei, es an einer anderen Arbeitsstelle zu versuchen. „Da gibt es ja einiges an Auswahl.“
Susanne Jacobsen zeigte zwar für die Forderungen der Gewerkschaft Verständnis, sah aber als Alternative zum Busfahren nur: „Zu Fuß gehen oder zuhause bleiben.“
Aorsar Bilen wies auf die Auswirkungen für sich selbst hin: „Ich arbeite in Hattingen und bin jetzt auf die Bahn angewiesen, muss aber vom Bahnhof rund eine halbe Stunde zu Fuß gehen. Da kann ich nur hoffen, dass es nicht regnet.“ Raisa Osmanechko sah es fatalistisch: „Wenn ich nicht fahren kann, muss ich eben zuhause bleiben.“
Tatjana Krecker verriet: „Ich arbeite in Welper, und mein Mann bringt mich morgen mit seinem PKW hin.“ Auf die Frage nach dem Verständnis für die Streikenden hatte sie lächelnd eine verblüffende Antwort: „Mein Mann ist Busfahrer.“