Der Mann, der den Vogel baut

Kurt Becker hat vor 48 Jahren die Tradition vom Vater übernommen. Dass der sorgfältig gebaute Vogel zerfleddert wird, stört ihn nicht.

Herzkamp. Herzblut lässt er, wenn er in seiner Werkstatt mit den Vorarbeiten beginnt. Aufzeichnen, ausschneiden, bemalen. Und wenige Tage später sieht er in aller Ruhe zu, wie sein Werk zerstört wird. Jubelt, wenn der Vogel völlig zerfleddert ist.

Kurt Becker (66) baut seit 48 Jahren den Königsvogel, auf den ab 18. August wieder die Herzkamper Schützen schießen. Wer den Rumpf herunterholt, ist Schützenkönig. Zuvor fallen die beiden Flügel, Stoß, Zepter, Reichsapfel, Krone.

Schon Vater Richard hat den Königsvogel gebaut. Sohn Kurt hat das Amt gerne übernommen. 1958 wird er Mitglied im Schützenverein Herzkamp, will auch gleich Prinz werden. Doch die Konkurrenz ist riesig. Prinz wird er dann zwei Jahre später mit Gunhild Wittenius. Bald aber wird er auch König mit seiner Frau Jutta: 1972, 1982 und 2002. Natürlich hat er auch in diesen Jahren den Vogel gefertigt.

Jeder "Vogelbauer" hat seine Geheimnisse. Soll sich das Königsschießen lange hinziehen, nimmt man ein hartes Holz. "Einmal hat das Schießen bis 22 Uhr gedauert", weiß Kurt Becker. Weide und Pappel hätten es in sich. Manchmal wird auch ein kleiner "Störer" in den Vogel eingebaut, wie etwa eine Farbbombe. Im Jubiläumsjahr der Schützen, der Verein feiert 80-jähriges Bestehen, könnte durchaus wieder ein Überraschung drin sein.

In den nächsten Tagen beginnt Kurt Becker mit den Arbeiten. Die Vogelvorlage wird auf das Holz aufgelegt, abgezeichnet, ausgesägt und bemalt. 80 X 80 Zentimeter misst der Vogel. Am Ende des Königsschießens ist er arg zerrupft. Erinnerungsstücke hängen im Gartenhaus der Familie Becker. "Ich mag Holz als Material", sagt Malermeister Becker.

Die ganze Familie fiebert dem Schützenfest entgegen.. "In Herzkamp wird man in den Verein reingeboren", sagt Tochter Tina (34). Sie erinnert sich, dass für die Weihnachtsfeiern des Schütenvereins viele Wochen geprobt wurde. "Die Aufführungen waren immer sehr gut."

Sie will nicht mehr Königin werden. Tochter Tina überlegt schon. Ihr Mann aus Norddeutschland hat bereits Spaß am Schützenfest. Und notfalls ist da noch ihr Söhnchen Jannik. Den hat Opa Kurt bei der Geburt im Februar gleich bei den Schützen angemeldet.