Von Neuss nach Helsinki Weihnachten feiern in zwei verschiedenen Kulturen
Neuss/Helsinki · Nach zehn Jahren an der Spitze der Gesamtschule Norf wagte Saga Sjölund diesen Sommer den Sprung ins Unbekannte: Die gebürtige Finnin leitet seit August die deutsche Schule in Helsinki. Doch was hat sich für sie verändert? Und wie erlebt sie die Festtage in der Ferne?
Schon Bing Crosby sang von dem Traum einer weißen Weihnacht. Ein Traum, der für Saga Sjölund in diesem Jahr in Erfüllung geht. Denn die ehemalige Schulleiterin der Gesamtschule Norf verließ im Sommer die Quirinusstadt, um die deutsche Schule in Helsinki zu leiten. In der schneebedeckten Hauptstadt Finnlands blickt sie auf die vergangenen Monate zurück und erinnert sich an den Festtagen an die Bräuche und Traditionen in Deutschland.
„Mein Leben hat sich sowohl privat als auch beruflich total verändert“, sagt die 54-Jährige, die zehn Jahre die Gesamtschule Norf geleitet hat. Trotz dieser langjährigen Erfahrung erwarteten sie in Helsinki neue, unbekannte Aufgaben. Denn obwohl es sich um eine Schule handelt, die zum Verbund der deutschen Auslandsschulen gehört und sich dementsprechend am deutschen Schulsystem orientiert, müsse auch das finnische Bildungssystem berücksichtigt werden. Das heißt: „Von den Grundschülern bis zu den Abiturienten sind hier alle Jahrgänge in einem Haus vertreten, das ist ganz neu für mich und auch spannend, mit den ganz Kleinen zu tun zu haben“, so Sjölund. Sogar zwei Kindergärten gehören der Schule an, sind jedoch in anderen Gebäuden untergebracht.
Und auch die Zahl der außerschulischen Partner, zu denen Sjölund als Schulleiterin den Kontakt pflegt, ist deutlich größer. Neben der deutschen Botschaft und deutschen Gemeinde tauscht sie sich regelmäßig mit den anderen Austauschschulen weltweit aus.
Doch nicht nur in ihrem Berufsalltag musste sich Sjölund neuen Aufgaben stellen, auch privat gab es so manche Herausforderung. „Das mag sich seltsam anhören, weil ich gebürtige Finnin bin, aber es sind doch unterschiedliche Kulturen. Da muss man sich erst zurecht finden“, sagt die 54-Jährige, die im Alter von drei Jahren nach Deutschland kam. Im Gegensatz zu den Rheinländern seien die Finnen beispielsweise schon zurückhaltender, was den Kontakt so manches mal erschwere.
Und doch bleibe ihr gerade an Weihnachten ein Stück deutscher Kultur erhalten. Die Kinder, die zum Studieren im rund 2200 Kilometer entfernten Köln geblieben sind, besuchen ihre Eltern an den Festtagen. „Dann wird es sowohl ein finnisches als auch ein deutsches Weihnachtsessen geben“, berichtet Sjölund. In Finnland gibt es mittags nämlich traditionell einen Milchreis mit einer versteckten Mandel, die dem Finder im nächsten Jahr Glück bescheren soll. Anschließend folgt ein Saunagang mit Sprung ins Eisloch, bevor es am Abend ein üppiges Weihnachtsessen gibt. Dies besteht traditionell aus verschiedenen Fischvorspeisen und einem Weihnachtsschinken als Hauptgericht, der mit vielen verschiedenen Aufläufen und Salaten serviert wird.
Am Tag darauf gibt es dann ein klassisches Festmahl aus Deutschland: Rotkohl und Knödel. Eine Gans gibt es in Finnland jedoch nicht, da muss Sjölund nach einer Alternative suchen. Und dennoch wird bei ihrem ersten Weihnachtsfest in Finnland etwas fehlen. „Es ist bei uns immer Tradition gewesen, dass sich die ganze Familie an Weihnachten versammelt hat“, sagt die 54-Jährige. Ihre Schwestern und Verwandten sieht sie aufgrund der Entfernung dieses Jahr an Heiligabend nicht. „Das vermisse ich schon.“
Und doch bereut sie diesen Schritt nicht. „Es ist eine tolle neue Herausforderung, die ich da eingegangen bin“, sagt Sjölund voller Stolz über den Mut, den sie dafür mit 54 Jahren aufgebracht hat. Mit Stolz und Freude, aber auch ein bisschen wehmütig, blickt sie auch auf die Zeit in Neuss zurück. „Ich habe viel Herzblut in die Gesamtschule Norf gesteckt und bin unglaublich stolz, wie sie sich entwickelt hat“, so die ehemalige Schulleiterin. Auch die enge Zusammenarbeit mit der Stadt und den anderen Schulleitungen werden sie immer in guter Erinnerung behalten. Nun arbeitet sie daran, die Schullandschaft in Finnland noch weiter kennenzulernen. Und privat? Da hat sie sich für einen Langlaufkurs angemeldet, um den vielen Schnee in Finnland nicht nur an Weihnachten auskosten zu können.