Entwidmung Abschiedskonzert der Wuppertaler Lutherkirche mit Lotzmann und Dorfmüller

Wuppertal · Die Barmer Bach-Tage werden fortgesetzt.

Matthias Lotzmann und Joachim Dorfmüller (v.l.) an der Orgel.

Foto: Florian Schmidt

Der Sonntagabend mit wundervoller Orgelmusik von Johann Sebastian Bach und einem Vortrag zur Geschichte des Barmer Bachvereins war zugleich ein Abschied von der Lutherkirche Heidt.

Die denkmalgeschützte Kirche an der Oberen Sehlhofstraße wurde im vorigen Jahr für zwei Millionen Euro renoviert, viele Spenden sowie Denkmalfördermittel von Land und Bund hatten das ermöglicht. Am 29. Dezember wird die 113 Jahre alte imposante Kirche entwidmet und soll verkauft werden. Für Menschen aus Heckinghausen und vom Heidter Berg bleibt dann nur die Gemarker Kirche in der Barmer Innenstadt. Die Kirchenmusik, die Matthias Lotzmann und seinem Vorgänger Joachim Dorfmüller stets ein Anliegen war, und die Barmer Bach-Tage haben nun keine Heimat mehr in einer Barmer Kirche. An diesem Abend des Abschieds spielten Joachim Dorfmüller, Christian Wiese und Matthias Lotzmann hier zum letzten Mal Werke von Johann Sebastian Bach.

Hoffnungsfroh ließ Lotzmann die „Fantasia super“ erklingen. Beim anschließenden Präludium und Fuge G-Dur, BWV 550 machte Christian Wiese Schönheit und positive Energie Bachscher Musik spürbar. Joachim Dorfmüller ließ mit eigenen Bearbeitungen des „Air“ in D-Dur wunderschöne, bekannte Melodien erklingen, die dann kunstvoll in den Choral „Jesus bleibet meine Freude“ übergingen. Auch für den 85-jährigen Wuppertaler Professor Dorfmüller, der 65 Jahre lang die Lutherkirche mit großartigem Orgelklang gefüllt hat, ist es ein Abschied von Kirche und Orgel. Im Jahr 1959 hatte er seinen Dienst in der Lutherkirche begonnen. 1965 wirkte er maßgeblich an der Konzeption der neuen Orgel mit. Die Orgelbauwerkstadt Führer errichtete sie 1967, sie passt genau in die Kirche und ermöglicht mit 32 Registern ein umfangreiches Spektrum an Klangfarben. Ihre Zukunft ist ungewiss.

Zwischen den strahlenden Orgelvorträgen referierte Lotzmann über den Barmer Bachverein, der vor 110 Jahren in der Alten Kirche Wupperfeld gegründet wurde. Die Stadt Barmen, mit rasant wachsenden Bevölkerungszahlen, stand damals vor großen Herausforderungen. Der erste Weltkrieg hatte Ende Juli 1914 begonnen, mit großer Kriegsbegeisterung erwartete man dessen schnelles Ende. Am 8. Oktober wurde der Barmer Bachverein gegründet, der als Zeichen eines selbstbewussten Bürgersinns gelten kann. Zu den Gründungsmitgliedern zählten die damals schon wichtigen Barmer Unternehmerfamilien.

Kirchenmusik genoss damals innerhalb der evangelischen Kirche kein Ansehen. Bachs Werke waren im Gottesdienst nicht erlaubt, erste große Aufführungen von Matthäus- und Johannespassion erklangen 1857 und 1865 nicht in einer Kirche, sondern im Elberfelder Casino und im Barmer Bürgerverein Concordia. Auch Lotzmann hatte bei der Gründung der Barmer Bach-Tage 2020 mit Widerständen zu kämpfen. Die von ihm gegründete Reihe war mit bisher 117 Werken Johann Sebastian Bachs und Musik von 57 weiteren Komponisten dennoch sehr erfolgreich. Der 62 Jahre alte Matthias Lotzmann wirkte seit 1992 als Organist, Chor- und Orchesterleiter in Wuppertal. Seit 1995 war er als Kirchenmusiker in der Gemeinde Gemarke-Wupperfeld tätig. Erst im Sommer 2022 war er im feierlichen Rahmen von der evangelischen Kirche im Rheinland „für besondere Leistungen“ zum Kantor auf Lebenszeit ernannt.

Die Zukunft der Orgel ist ungewiss

Nun endet sein Arbeitsverhältnis als Kirchenmusiker mit der Schließung der Kirche. Die Barmer Bach-Tage will er aber erhalten. „Die Musik gibt uns Kraft, und das gemeinsame Musizieren bedeutet Gemeinschaft“, sagt Lotzmann, der das Programm der Bach-Tage für die nächsten beiden Jahre bereits geplant hat. Für die Reihe, die dann eher Bergische Bach Tage heißen müsste, hat er einen Förderverein gegründet und Sponsoren gefunden. Matthias Lotzmann erlebte schon einmal die schmerzliche Trennung von Kirche und Orgel: Im April 2014 wurde die damals fast 240 Jahre Alte Kirche Wupperfeld geschlossen. Die denkmalgeschützte Kirche im bergischen Barock, die von je her ein wichtiger Ort der Kirchenmusik war, wurde an einen Investor verkauft, der daraus einen „vielseitigen Ort für Kulturveranstaltungen und Konzerte“ machen wollte. Das ist bis heute nicht geschehen. Die wertvolle Orgel ist inzwischen ruiniert.

Am Ende des Abschiedsabends spielte Matthias Lotzmann Präludium und Fuge in e-moll, J.S. Bachs Tonart für Trauer und Zorn.