Judith Genske: „Lachen ist Freiheit“
Die Wuppertaler Schauspielerin singt „verwehte Lieder“. Morgen ist sie zu Gast im Atelier von Ulle Hees.
Wuppertal. Wie begegnet man Unterdrückung und Verfolgung? Wie geht man mit Verletzung und Peinigung um? Künstler jeder Zeit haben versucht, dem Schmerz Ausdruck zu verleihen, den Verletzten eine Stimme zu geben. Viele (verfolgte) Künstler und Exilanten in der Nazi-Zeit und nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges wollten es nicht beim Klagen belassen, sondern übten sich in der hohen Kunst des treffsicheren Spottes, um den Schuldigen die Würde der Unterdrückten einzuschärfen.
Die Menschen rehabilitieren, indem man - jenseits der Betroffenheit - feiert, das ist der Anspruch der Wuppertaler Sängerin und Schauspielerin Judith Genske. "Lachen ist eine einzigartige menschliche Freiheit, eine Alternative zur Verzweiflung", sagt sie und weiß, dass sie damit unter Umständen Diskussionen auslöst.
So geschehen vor anderthalb Jahren, als Genske im Rahmen der Anne-Frank-Wanderausstellung in Velbert erstmalig ein solches Programm präsentierte. "Man merkte, dass die Besucher ganz selbstverständlich ein Betroffenheitsprogramm erwartet hatten", erinnert sich die Sängerin, die stattdessen mit Liedern - beispielsweise von Georg Kreisler - aufwartete.
Gemeinsam mit der Pianistin Elnara Ismailova begibt sich die Wuppertalerin morgen ins Atelier der Künstlerin Ulle Hees, mit der sie sich über den Umgang mit diesem Kontrast ausgetauscht hat. "Zum einen möchte Ulle Hees die früher schon mal veranstalteten Matinees wieder aufleben lassen, zum anderen hat sie sich ja auch schon umfassend mit dem Thema Faschismus künstlerisch auseinander gesetzt", erklärt Genske die Zusammenarbeit und Ortswahl. So werden zur Premiere von "Verwehte Lieder - Flüchtiger Spott" auch themenbezogen Skulpturen der Bildhauerin zu betrachten sein.
Inhaltlich stehen Hollaender, Kaléko und Brecht mit beißendem Spott Verfolgung und Exil, Entsetzen, Scham und Trauer gegenüber. Das Programm ist "intensiv und unterhaltend und fürchtet nicht das Lachen im Weinen", sagt sie. "Man verbündet sich über das Lachen mit den Verfolgten, schwelgt in Brechtscher Ganovenromantik, schmunzelt über Tucholskys ironische Exotikträume, lacht über Piefkesche Deutschtümelei und lässt sich von erotisch experimentierfreudigen befreiten Gesellschaftsdamen irritieren."