Paul-Zech-Tage: Die Liebe zum Erdbeermund

Ab Donnerstag wird an das bewegte Leben des Lyrikers erinnert, dessen Karriere in Wuppertal begann.

Wuppertal. Äpfel kann man zwar nicht mit Birnen vergleichen, dafür kann man Paul Zech und Klaus Kinski getrost in einem Atemzug nennen. Ein Lippenbekenntnis hat beide für immer vereint: "Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund..." - bei dieser Zeile denken die meisten vermutlich an den Schauspieler Kinski, der die Liebe zum Erdbeermund mit seiner Rezitation populär gemacht hat. Dass das wilde Geständnis ursprünglich von Zech stammt, dürften die wenigsten wissen.

Genau das soll sich ändern. Denn wenn Matías Martínez, Literatur-Experte der Bergischen Uni, von Paul Zech schwärmt, ist das kein bloßes Lippenbekenntnis, sondern die beste Basis für die "Wuppertaler Paul-Zech-Tage", die vom 4. Oktober bis zum 11. November gefeiert werden.

Der Lyriker wurde von Else Lasker-Schüler nicht nur "sehr geschätzt", sondern vor allem "maßgeblich gefördert", wie Martínez als Organisator betont. "Er dürfte - nach Lasker-Schüler - der literarisch bedeutendste Autor Wuppertals" sein, also der Vorzeige-Künstler einer Stadt, "die er in Gedichten und Erzählungen eindrucksvoll porträtiert hat". Dabei erinnert das Programm der Feier-Tage (siehe Kasten) längst nicht nur an das Werk des Lyrikers, der seine Schriftsteller-Karriere in Wuppertal gestartet hat.

Neben Textauszügen, die Schauspieler Andreas Ramstein am 6. November um 17.30 Uhr in der Alten reformierten Kirche vorstellt, rückt auch sein bewegtes Leben ins Blickfeld: Als erstes von 20 Kindern kam Zech 1881 in einer Handwerkerfamilie zur Welt.

Angeregt durch Johannes Fastenrath, einen Lehrer an der Barmer Kunstgewerbeschule, begann der damals 20-Jährige, sich mit religiös-philosophischen Fragen auseinander zu setzen.

Auch der ein oder andere Erdbeermund scheint ihn inspiriert zu haben: Zech genoss in Wuppertal gleich mehrere Liebschaften. 1904 heiratete er, wurde zweifacher Vater und verdiente den Familienunterhalt als Konditor. Dass er es mit der Treue nicht so genau nahm, ist heute ganz offiziell - auch unter Wissenschaftlern - ein Thema.

Während Zech ein großes Herz und unter anderem ein Faible für die Lehrerin Emy Schattke hatte, ebnete ihm eine andere Elberfelderin den Weg zum Dichter-Ruhm: Else Lasker-Schüler übte konstruktive Kritik, überzeugte ihn, nach Berlin zu ziehen, und führte ihn in die Szene ein. Mit Erfolg: Der junge Mann aus Elberfeld wurde deutschlandweit berühmt und gehörte zu den entscheidenden Köpfen der zeitgenössischen Literatur.

Doch auch das ist buchstäblich charakteristisch: "Durch sein problematisches Naturell geriet er bis 1933 zunehmend in gesellschaftliche und literarische Isolation", heißt es im Programm-Flyer. Als der Dichter beim Machtantritt der Nationalsozialisten "aus politischen Gründen" auch noch seine Stelle an der Berliner Stadtbibliothek verlor, emigrierte er nach Südamerika.

"Bestraft mich nicht, in Museen zu verstauben!", hat der Schriftsteller seine Leser einst gebeten. 61 Jahre nach seinem Tod soll dieser Wunsch Befehl sein: Mit zwei Ausstellungen, einer wissenschaftlichen Tagung, einer Musik-Matinee und einer Lesung möchte Martínez dafür sorgen, dass Zechs Werk in Wuppertal keinesfalls "verstaubt".