Saisoneröffnung: Tragische Liebe bei einer Gala
Sänger und Sinfoniker begeisterten ihre Gäste in der Stadthalle mit der Oper „Lakmé“.
Wuppertal. Orientalisches Flair gibt die Bühne in der Stadthalle nicht her, sieht man einmal von dem riesigen Schilfgras ab, das die vielen orangefarbenen Gladiolenblüten überragt. Und doch stammt die Oper, die das Sinfonieorchester und die Wuppertaler Bühnen zur Saisoneröffnung konzertant präsentieren, aus der Zeit der großen Orient-Verliebtheit der Europäer im späten 18. Jahrhundert.
Léo Delibes verlegt die Handlung seiner Oper "Lakmé" ins ferne Indien. Dass man auf Bühnenbild, Szenenfolgen und schauspielerisch agierende Sänger verzichten muss, ist kein Manko, sondern stellt Delibes’ romantische Musik in den Mittelpunkt.
Sie ist natürlich gewürzt mit exotischen Klangfarben, gilt es doch, den Konflikt zwischen den Kulturen, dem kolonisierenden England und der in tiefen Traditionen verhafteten indischen Kasten-Gesellschaft in eine Zweieinhalb-Stunden-Handlung zu komprimieren. Die erzählt Schauspielerin An Kuohn anschaulich zwischen den Arien und Rezitativen, denn gesungen wird in französischer Sprache.
Letzten Endes geht es um die tragische Liebe des englischen Offiziers Gérald zu Lakmé, der Tochter des Brahmanen-Priesters Nilakantha, die Lakmé in den Tod führt. Elena Fink glänzt in der Titelrolle, Zwischenapplaus und Bravo-Rufe sind ihr sicher - etwa, wenn sie in der "Glöckchenarie", der Bravour-Partie aller Koloratur-Sängerinnen, als unbegleitete Vokalise begonnen, über kokette Stakkati in saubere Spitzentöne entschwindet.
Bassist Thomas Schobert gibt den strengen Priester, der den Engländer ermorden lassen will. Schobert, anfangs mit belegter, gedrückter Stimme und nicht ganz tonsicher, singt sich frei und überzeugt später mit schönen weichen und gebundenen Kantilenen. Neu im Ensemble ist ebenfalls Miriam Scholz, die als Mistress Bentson mit tragfähiger, präsenter Altstimme erfreut.
Gastsänger Sung-Keun Park als Gérald schmückt seinen Tenor mit viel Timbre und schluchzendem Belcato. Joslyn Rechter (Mezzosopran) und Elena Fink glänzen im "Blumenduett" mit warmem und sinnlichem Stimmenklang. Die Sänger Olaf Haye, Cornel Frey, Banu Böke und Dorothea Brandt füllen ihre Rollen klangschön in vielen Ensembles.
Sänger, Chor und Orchester (Choreinstudierung: Jaume Miranda) folgen Siberskis Anweisungen gerne. Der Aspirant auf die Stelle des Opern-Dirigenten hält den Klangapparat mit Übersicht zusammen. Klar gibt er die Einsätze mit sicherer Schlagtechnik. Mit der lebendigen Linken kitzelt er dynamische Feinheiten heraus.
Das ist wichtig, denn Delibes’ Musik lebt nicht nur von Orientalismen wie Pentatonik, Sechstonskala wie im indischen Raga oder chromatischen Triolen über ostinaten Figuren in den Ballettsätzen. Subtile Wechsel in Rhythmik und Dynamik reizen die solistischen Rollen der Instrumente klangfarbenreich aus und erfordern die sichere Dirigenten-Hand, um die Musik so heiter, so leicht oder so dramatisch klingen zu lassen.