Rigi Kulm macht Schluss - Erinnerungen aus mehr als 100 Jahren
Das Ausflugslokal schließt Ende September seine Pforten — nach mehr als 100 Jahren.
Küllenhahn. „Ulrike, datt könnt Ihr doch nitt maken!“ So oder ähnlich äußern sich derzeit die Besucher zur Schließung des Traditions-Cafés und Restaurants „Rigi Kulm“. Dass die vielen Gäste die Chefin Ulrike Gietenbruch und auch ihren Sohn Jens nur beim Vornamen nennen, ist dort normal. Bei gutem Wetter bevölkern die Besucher die Terrasse und den Biergarten, genießen Erfrischungen und Kuchen aus der eigenen Konditorei. In der Mittagszeit bringen die Taxen Stammkunden zur deftigen Hausmannskost oder zu leckeren Spezialitäten.
Seit drei Generationen — nur unterbrochen von den Kriegswirren — kehren vor allem die Südstädter und Cronenberger bei den Gietenbruchs ein. Regelmäßig schätzen auch zahlreiche Vereine und Stammtische die Gastlichkeit. Dazu gehören die Sänger der Harmonie-Liederfreunde genauso wie der Ski Club, der SSV Germania 1900, die Karnevalisten, Wanderer oder Pudelzüchter. Sie alle müssen sich ab Ende September eine neue Heimat suchen. Dann ist Schluss am Rigi Kulm.
Das beliebte Ausflugslokal entstand dort oberhalb der Südstadt, wo man eine gute Aussicht auf das Tal der Wupper hat. Die Namensgebung geht auf den Gründer des Familienunternehmens zurück, Wilhelm Gietenbruch. Dieser schickte seine Tochter Helene 1913 in die Schweiz an den Vierwaldstättersee, wo sie lernen sollte. Von ihrem Aufenthalt brachte die junge Frau auch den künftigen Namen des Lokals mit: Rigi Kulm, einem Aussichtsberg, der für seinen Panoramablick bekannt ist.
Nahezu auf der grünen Wiese hatte Wilhelm Gietenbruch 1910 sein Lokal gebaut. Damals zählten überwiegend die Fuhrleute zu seinen Gästen. Hier hatten sie gerade den steilen Berg von der Talsohle geschafft und konnten sich und ihren Pferden eine Rast gönnen.
Einschneidend auch für die Gietenbruchs: der 30. Mai 1943. Die britischen Piloten warfen ihre Bomben, die für Elberfeld und Barmen bestimmt waren, zu früh ab. Ein Teil zerstörte den Hahnerberg. Auch das Rigi wurde voll getroffen. Die Gaststätte lief zwar trotz mangelnder Einkaufsmöglichkeiten von Lebensmitteln bald wieder provisorisch weiter, aber mit dem Wirtschaftswunder ging es auch hier wieder aufwärts. 1965 konnte das „neue Rigi“ festlich eingeweiht werden. Gastlichkeit war bei den Gietenbruchs wie eh und je angesagt. Besuche im „Rigi“ gehörten insbesondere an Festtagen und bei Festivitätenzur Lebensgewohnheit. Noch kurze Zeit lassen die vielen Fotografien an den Wänden so manche Erinnerung wach werden.