TIC: Kultbühne pleite, aber es geht weiter

Das Theater in Cronenberg kann die Schulden nicht mehr bezahlen.

Wuppertal. Das hatte sich Ronald F. Stürzebecher sicher anders vorgestellt: Anstatt den lang ersehnten wirtschaftlichen Wendepunkt seines Theaters verkünden zu können, musste er durch seinen Anwalt Marc d’Avoine gestern die Insolvenz des Theaters in Cronenberg (TiC) anmelden. "Wesentliche Positionen im Wirtschaftsplan 2007 sind nicht erfüllt worden", vermeldete der TiC-Chef knapp.

Zuschauerzahlen und Einnahmen stehen offensichtlich in keinem Verhältnis zu den laufenden Kosten des Betriebs. In einer eilig anberaumten außerordentlichen Gesellschafterversammlung stellten die Beteiligten - Theaterleitung und Vorsitzende des Fördervereins - vorgestern Abend die Zahlungsunfähigkeit fest.

Für Fans des unabhängigen Theaters, das im Tal Kultstatus genießt, ist das ein Drama. "Keine Panik auf der Titanic", wiegelt Stephan Ries, Gutachter und Insolvenzverwalter ab. "Die Insolvenz kann die Chance zur Sanierung sein. Was sich so negativ anhört, birgt Perspektiven." Fest steht: TiC-Geschäftsführung und Förderverein werden "alles versuchen, damit das Theater erhalten bleibt", so Alfred Böhm, erster Vorsitzender des TiC-Fördervereins. "Es wäre ein Fiasko, würde das Theater nicht weiter bestehen können."

Wie groß die finanzielle Lücke ist, wollte gestern niemand sagen. "Es ist zu früh, konkrete Zahlen zu nennen", so Stephan Ries. Damit bleibt die Ursache der Schieflage überaus spekulativ. An mangelndem Interesse seitens der Zuschauer kann es kaum liegen. Zwar sind die Vorgabezahlen aus dem vergangenen Jahr bislang nicht erreicht - "aber die zuschauerstarken Monate kommen erst noch", weiß Roland F. Stürzebecher. Auch die Abo-Zahlen sind "relativ konstant".

"Wir arbeiten an einer Auffanglösung", verspricht Andreas Bergmann, zweiter Vorsitzender des TiC e.V. Das allerdings wird "kein 100-Meter-Lauf, sondern ein Marathon". Zunächst will Insolvenzverwalter Ries eine Bestandsaufnahme machen. Die weitere Vorgehensweise könnte sein: auf Gläubiger zuzugehen und sie überzeugen, in dieser schwierigen Phase auf Forderungen zu verzichten. Sponsoren sollen stärker ins Boot geholt werden, Zuschauer mobilisiert werden. Jede Spende würde helfen. "Lassen Sie das Theater nicht alleine", appelliert Alfred Böhm an alle Wuppertaler.

Oberbürgermeister Peter Jung: "Ich hoffe, dass die Insolvenz eine Chance ist, den Betrieb schuldenfrei weiterzuführen. Die Stadt hat das TiC finanziell erheblich unterstützt. Mehr können wir nicht tun."

Musicalstar Patrick Stanke: "Ich finde das sehr schade. Das TiC ist ein wichtiges Sprungbrett für junge Künstler."

Enno Schaarwächter (Wuppertaler Bühnen): "Ein Theater bedingt das andere. Wir brauchen in Wuppertal die Vielfalt - und besonders das kreative TiC. Wir werden alles dafür tun, dass es weitertic(k)t."

Das (vorläufige) Ende war abzusehen: Seit Monaten kämpft das TiC ums Überleben. "Keine Panik auf der Titanic", sagt nun der Insolvenzverwalter. Panik hat sicherlich noch niemanden genützt - aber ein lockerer Spruch allein hat auch noch keinen Krisenstab vor der dem Kentern bewahrt. Optimismus ist gut, Realitätssinn noch besser. Das TiC, freies Flaggschiff der Theaterszene, muss seine letzte Chance nutzen, um finanziell wieder auf den rechten Kurs zu kommen - in erster Linie aus eigener Kraft. Gleichzeitig ist dem Kapitän zu wünschen, dass ihm Gläubiger und Sponsoren Rettungsanker reichen. Zumal es eine gute Nachricht gibt: Das Theater geht weiter. Dass keine Vorstellung ausfallen soll, ist das richtige Signal. Bleibt zu hoffen, dass das Publikum das genauso sieht und nicht von Bord geht. Das wäre fatal - und das (endgültige) Aus der kleinen Bühne ein großer Verlust für Wuppertal.