23 Bilder „Untitled“: Die Wuppertaler Hengesbach Gallery präsentiert Jürgen Paatz
Wuppertal · Der Farbe zuschauen, wie sie offen vor ihm liegt.
Klar sei er neugierig, das sei sein einziger Antrieb, sagt Jürgen Paatz und lächelt. Der Farbe zuzuschauen, wie sie offen vor ihm liegt. Das Malen als Handwerk, eine alchemistische Arbeit, die man beginnt und irgendwann beendet. Nicht aus der Distanz betrachtet und nachjustiert, verfeinert. Die Bildfläche war lange zu klein, wird jetzt begrenzt, weil sie auf dem Tisch liegt. Eine ungeteilte Angelegenheit, die bearbeitet werden will. Ohne Oben und Unten, ohne Richtung, aus der Bewegung heraus, mit Hand und Körper. Ohne Vorgaben, alles ordnet sich der Materialität unter. Das Werk will vom Betrachter befragt werden. In der Hengesbach Gallery bietet sich nun die Gelegenheit.
Jürgen Paatz wurde 1943 in Wernigerode geboren, lebt und arbeitet in Kleve. Er studierte in Düsseldorf und Karlsruhe und arbeitete als Stipendiat in der Villa Romana Preis in Florenz, erhielt Auszeichnungen, stellte aus. Seine Werke hängen in Museen, namentlich dem Koluma Kunstmuseum des Erzbistums Köln. Wo auch der Wuppertaler Galerist Rolf Hengesbach auf ihn aufmerksam wurde. Seine raumgreifenden, farbigen Tücher beeindruckten ihn, nur konnte er sie sich nicht in seinen Räumen an der Vogelsangstraße vorstellen. Ein „extremer Zufall“ führte beide auf einer gefährlich schwankenden Hängebrücke im Engadin zusammen. Man kam erneut ins Gespräch, Atelierbesuche folgten und die Erkenntnis, „dass wir etwas für meine intimen Räume finden würden“. Einzige Bedingung: Die Bilder sollten in den letzten drei, vier Jahren entstanden sein.
Der Mensch bereichert das Dasein – er kreiert neue Formen
Jürgen Paatz ist ein Kind seiner Zeit und auch wieder nicht. Als die Malerei nach 1945 sich von den Konzepten abwandte und bei sich selbst anfing und endete, ohne Vorgaben. Die eigenen Grenzen auslotend. In den 1970er-Jahren dann, als sie das Subjektive verließ und das Objektive in den Vordergrund stellte, die Farbe analytisch untersuchte, ging Paatz nur zum Teil mit. Auch er verließ die Konventionen der Gemäldemalerei, aber er lehnte die scharfe Vorgabe der Distanz ab. „Bei ihm finden sich immer subjektive Elemente“, führt Hengesbach in Werk und Ausstellung ein. Die zeigt 23 Bilder, die 45 mal 40 Zentimeter klein und bis zu 200 mal 130 Zentimeter groß sind. Bilder, die aus der Ferne aus zarten Mustern zu bestehen scheinen, die sich in der Nähe in fragile, durchbrochene Linien, wackelnde Raster, wogende Wolken, rätselhafte Zeichen oder krakelige Spuren auflösen.
Der Maler, so Hengesbach, greife etwas Zentrales auf, die Fragilität, Sensibilität und Virtuosität der Hand, die geordnete Strukturen erschafft, in die der Zufall als Gegenspieler sanft und empfindsam eindringt. Ein Gegenspieler, den Paatz als etwas Tolles empfindet, „weil etwas zufällt“. Und so tritt das Auge mit der Hand in einen Dialog, kommentiert, rät zum Abweichen vom scheinbar strategischen Vorgehen. „In seinem Werk wird bewusst, dass der Mensch nicht nur da ist, sondern das Dasein bereichert, neue Formen kreiert.“
Die malerische Fläche besteht aus Leinwand, Papier, Karton oder Nessel. Paatz bearbeitet sie all over mit Pigmente-Dispersion oder Eitempera. Er wählt erdnahe Töne – Ocker, Braun, Rot und Schwarz. Buntfarbe sei ihm nicht wichtig, sagt Hengesbach und sieht darin auch Bezüge zur niederrheinischen Landschaft, in der Paatz lebt und arbeitet. Die Landschaft, auf der etwas wächst und die Raum für Entfaltungsmöglichkeiten bietet.
„Untitled“ heißt die Ausstellung, ohne Titel – dafür mit ganz viel Weite und Empfindsamkeit.