Equinox-Streichquartett Zarte Klanggemälde und starke Akzentuierungen in der Wuppertaler Bandfabrik

Wuppertal · Unter dem Titel „Aus Alter und Neuer Welt“ präsentierten sie unter anderem Musik von Joseph Haydn und Antonín Dvořák.

Gegründet wurde das Quartett im Sommer 2019.

Foto: Florian Schmidt

Viermal im Jahr gibt es „Klassik am Rand“ in der Bandfabrik. Seit 2019 haben Kammerkonzerte einen festen Platz im Programm des Kulturzentrums am östlichen Rand von Wuppertal. Auch am Sonntag war die Matinee sehr gut besucht. In angenehmer Atmosphäre, mit einem Glas Sekt oder Saft, nur wenige Meter von den Musikern entfernt an kleinen Tischen sitzend, konnte man den schönen Klängen von Equinox lauschen. Unter dem Titel „Aus Alter und Neuer Welt“ präsentierte das Streichquartett Musik von Joseph Haydn und Antonín Dvořák sowie ein brandneues Werk eines jungen bulgarischen Komponisten.

Haydns op. 76,5 ist eins von sechs Streichquartetten, die er für den Grafen von Erdödy schrieb. Der reiche ungarische Graf hatte die Werke für 100 Dukaten bei dem 65-jährigen Komponisten bestellt, und der ließ in diesem „Alterswerk“ frische Inspiration und Lebendigkeit erklingen. Als Sabi Yordanov und Christine Schäfer (Violinen), Lydia Haurenherm (Viola) und Marc Martín Nogueroles (Violoncello) mit dem lebendig sprudelnden Allegretto im 6/8-Takt beginnen, fühlt man sich in Zeiten versetzt, in denen am Sonntagmorgen in Salons musiziert wurde. Beim bewegenden Largo lassen die vier ihre Instrumente wunderschön eine Melodie singen. Das Cello spielt tiefe, warme Töne, während Geigen und Bratsche einen zarten Klangteppich ausbreiten. Tänzerisch beschwingt erklingt das Menuett, mit einem temporeichen Presto endet das Quartett in perfekter Harmonie der vier Streicher. Der Österreicher Joseph Haydn (1732-1809), einer der wichtigsten Vertreter der Wiener Klassik, gilt auch als Wegbereiter von Beethoven und Mozart.

Wie ein innerer Motor, der zur Eile antreibt

Als musikalisches Bindeglied zwischen „Alter und Neuer Welt“ hatte Equinox eine Komposition in Auftrag gegeben, die die Hauptwerke der Matinee verbinden sollte. Dem 1991 in Sofia geborenen Komponisten Svetlin Hristov ist mit „Journey Within“ diese Verbindung hervorragend gelungen. In sieben Minuten beschreibt seine Musik eine spannende innere Reise durch die Zeit. Gesänge voller Melancholie aus der bulgarischen Volksmusik werden hörbar, kurze schroffe Passagen erinnern an Musik von Schostakowitsch, immer wieder erklingen rastlose Takte wie ein innerer Motor, der zur Eile antreibt. Sehnsuchtsvolle, klassisch anmutende Phasen werden von kurzen Sequenzen abgelöst, die an Synthesizer-Klänge erinnern. Geigen und Bratsche flirren, das Cello spielt zarte Melodien, temperamentvolle, ungeduldige Ausbrüche ertönen im Wechsel mit Wehklagen und Klängen einer inneren Suche.

Etwa 100 Jahre jünger als das Quartett von Haydn ist Antonín Dvořáks Streichquartett op. 96. Es zählt zu den Schlüsselwerken, die der tschechische Komponist während seines Aufenthalts in Amerika (1892-94) schrieb. 1893 entfloh er dem New Yorker Großstadttrubel, den er in seiner berühmten Sinfonie „Aus der Neuen Welt“ verewigte, und gönnte sich Sommerferien. Für acht Wochen war er mit seinen Kindern in einem kleinen Dorf in Iowa zu Gast, in dem viele Tschechen lebten und das ein emigrierter Bayer gegründet hatte. Dvořák (1841-1904) hatte in den USA den Auftrag übernommen, das Land auf dem Weg zu einer eigenständigen Nationalmusik zu unterstützen. Wie sollte er in dieser „Neuen Welt“, die überwiegend von Einwanderern besiedelt war, eine ursprüngliche Musik finden? Was für ihn amerikanisch klang, waren eher importierte schottische und irische Volksweisen. Das „Amerikanische Quartett“ ist auch inspiriert von Dvořáks täglichen Morgenspaziergängen am Fluss. Im 1. Satz ertönen Naturgeräusche, ein Anklang an die lange Reise mit dem Zug, von dessen Geschwindigkeit der Komponist begeistert war, wird hörbar. Das Equinox-Streichquartett lässt im 2. Satz schottische Volkstänze anklingen, die Geigen erinnern an die irische Fiddle. Im Lento werden Anklänge an afrikanische Melodien – verwandt mit Jazz, Blues und Spirituals – deutlich. Im beschwingten 3. Satz spielen wieder bildhafte Natureindrücke eine Rolle und Rufe von Vögeln, die der Komponist in Europa nie gehört hatte. Im lebhaften 4. Satz verarbeitet er auch Anklänge der Musik, die er sich von indianischen Ureinwohnern vorspielen ließ. Dem Equinox-Quartett gelingen zarte Klanggemälde und starke Akzentuierungen gleichermaßen gut. Das begeisterte Publikum spendet großen Applaus für dieses zauberhafte Konzert.