Zwei Edel-Fans auf Japan-Tour
Das Mutter-Tochter-Gespann Susanne und Brigitte Becker reist dem Chef des Wuppertaler Sinfonieorchesters hinterher. Derzeit verpassen sie kein Konzert in Japan.
Tokio. Andere heften sich an die Fersen von Popsängern oder Rockstars - Susanne und Brigitte Becker mögen es klassischer. Für Toshiyuki Kamioka ist den beiden Wuppertalerinnen kein Weg zu weit: Weil das Mutter-Tochter-Gespann kein Konzert des 50-Jährigen verpassen will, reist das Duo dem Chef des Wuppertaler Sinfonieorchesters einfach hinterher - notfalls bis nach Japan. Brigitte Becker sieht ihre aussergewöhnliche Leidenschaft mit einem Augenzwinkern: "So Verrückte wie uns muss es auch geben.
Vor allem die Augen von Tochter Susanne glänzen, wenn der Name Toshiyuki Kamioka fällt: "Seine Ausstrahlung ist einmalig. Er packt jeden - und zwar am Herzen." Becker selbst spielt Klavier und Querflöte, auch ihre Mutter ist pianoerprobt.
Die Fachfrau registriert mit großer Freude, wie Kamioka dem Orchester eine ganz persönliche Note gegeben habe. "Er dirigiert mit Dramatik und baut eine wunderbare Spannung auf." Auch ihre Tochter kommt aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus: "Er überträgt seine Energie erst auf das Orchester und dann aufs Publikum. Das ist einfach ein Genuss!"
Derzeit sind Mutter und Tochter auf Genuss-Tour durch Japan - als "Wiederholungstäter". Schon zum zweiten Mal verpassen sie kein Konzert, das das Wuppertaler Orchester in Asien gibt. Dabei ist ihre Treue nicht einfach ein Spleen, sondern Ausdruck ernsthafter Begeisterung fuer klassische Musik. "Wir vergleichen und hören uns auch regelmäßig andere Orchester an. Aber keines ist so gut wie das Wuppertaler. Unter Kamioka hat es sehr dazugewonnen."
An ihr erstes Kamioka-Konzert kann sich Susanne Becker ganz genau erinnern. "Da stand Mahlers Symphonie Nr. 5 auf dem Programm. Dass sie jetzt auch in Japan gespielt wird, finde ich natürlich super." Hören wird sie sie diesmal an der Seite ihrer Mutter, die sie inzwischen mit dem "Kamioka-Virus" infiziert hat. Wenn der gebürtige Japaner in der Stadthalle am Pult steht, sind seine wohl größten Fans jedesmal dabei. "Wir gehen sogar zwei Mal in jedes Sinfoniekonzert - sonntags und montags."
Und wie finden sie ihre japanischen Pendants, die nach jedem Konzert in langen Warteschlangen auf die Autogrammstunde und ein Lächeln von Toshizuki Kamioka warten? "Das Publikum hier ist sehr angenehm, sehr diszipliniert und fachkundig." So wie die Beckers eben.
Die fast 10 000 Kilometer, die sie auf dem Weg ins Land der aufgehenden Sonne zurücklegen mussten, sind allerdings auch für sie keine Alltäglichkeit, die sie eben so überwinden. Aber wahre Fans lassen sich von nichts abhalten - auch nicht von schnellen Rennautos: Weil der Formel-1-Zirkus am Wochenende in Suzuka gastierte, bekamen Beckers kein Hotelzimmer in Konzertsaal-Nähe.
Doch auch das war kein Grund, um nicht selbst Gas zu geben, nach Shizuoka unweit der Rennstrecke zu kommen und einen alternativen Hotelort zu finden. Denn alles war frühzeitig geplant worden: Im März hatten Mutter und Tochter mit der Internetrecherche begonnen, Flüge und Hotels gebucht. Susanne Becker nimmt’s mit Humor und kann die Zeit in Japan deshalb sichtlich genießen: "Wir sitzen hier nur im Zug und im Konzert. Es ist toll!"