Attentat: Wie starb Bhutto wirklich?

Die offiziellen Angaben werden immer fragwürdiger. Zeugen und Fotos widersprechen den ersten Meldungen.

<strong>Islamabad. Für die Regierung und Militärmachthaber Pervez Musharraf war schon unmittelbar nach der Ermordung der Oppositionsführerin Benazir Bhutto die Täterschaft geklärt: Dem Terrornetz El Kaida nahestehende islamische Extremisten um Baitullah Mehsud hätten die Ermordung geplant und durchgeführt. Schon vor dem Dementi des pakistanischen Islamisten-Führers glaubten aber viele Pakistaner nicht an diese Theorie. Und nun mehren sich auch Zweifel an der offiziellen Schilderung des Anschlags. Bhutto habe gar keine Schussverletzungen erlitten, sondern sei an Kopfverletzungen gestorben, die sie sich am Schiebedach ihres Geländewagens zugezogen habe, so die Regierung. Zeugen bestreiten dies aber kategorisch.

Fotos zeigen die beiden Attentäter während des Anschlags

Amateurfotos, die pakistanische TV-Sender jetzt veröffentlichten, lassen auf zwei Täter schließen. Ein Foto zeigt zwei Männer inmitten der Bhutto-Anhänger, während die Politikerin unmittelbar vor dem Anschlag eine Rede hält. Der eine Mann ist europäisch gekleidet und rasiert. Er trägt Sonnenbrille, Schlips, Sacko und weißes Hemd. Hinter ihm steht ein Mann mit weißer Kopfbedeckung. Ein Foto wenige Sekunden später zeigt den Mann mit Sonnenbrille, wie er mit einer Waffe auf Bhutto schießt. Anschließend sprengte sich der Mann mit der weißen Kopfbedeckung in die Luft. Nach dem Täter mit der Sonnenbrille wird jetzt gefahndet.

Weitere Augenzeugen berichteten darüber hinaus, dass möglicherweise noch weitere Täter beteiligt gewesen sind. Diese sollen in die Luft geschossen haben, damit die Menge um Benazir Bhutto in Panik fliehen und so den Weg für den Selbstmordattentäter frei machen sollte.

Die Regierung hatte zuvor behauptet, Bhutto sei gar nicht von einer Kugel getroffen worden. Dem widersprechen aber ebenfalls Zeugen. Der Bhutto-Vertraute Safdar Abbassi war mit ihr im Wagen, als der Anschlag passierte. "Wir haben zuerst gar nicht realisiert, was passiert ist", so Abbassi. Bhutto habe keinen Laut von sich gegeben. Erst dann habe er eine tiefe Schusswunde an der linken Halsseite bemerkt. "Überall war Blut." Seine Frau Naheep habe mit einem Kopftuch versucht, die Blutung zu stillen. Bhutto habe noch lebend das Krankenhaus erreicht, doch dort sei jede Hilfe zu spät gekommen.

Die Schussverletzung wird auch von Bhuttos Sprecherin Sherry Rehman bestätigt: Sie habe mit eigenen Augen die Schusswunde im Kopf gesehen, als sie vor der Beerdigung den Leichnam gewaschen habe.

Der von der pakistanischen Regierung des Mordes beschuldigte Islamisten-Führer Mehsud hat jede Verwicklung zurückgewiesen. Es widerspreche der Stammestradition, Frauen anzugreifen. "Benazir war nicht nur ein Führer Pakistans, sondern auch ein Führer von internationalem Ruhm", erklärte Mehsud. "Das ist eine Verschwörung der Regierung, der Armee und der Geheimdienste", so Mehsud, der darauf verwies, dass radikale Islamisten niemals die dichten Absperrungen hätten durchbrechen können. Eine Theorie, die von vielen Bhutto-Anhängern geteilt wird.