NRW-Justizminister Biesenbach und die Hacker-Affäre Debatte um ein mysteriöses Telefonat
Düsseldorf · NRW-Justizminister Biesenbach will sich im Parlament zu der Frage eines einmütigen Telefonats in der Hacker-Affäre nicht äußern. Der Untersuchungsausschuss sei zuständig. Zeitgewinn für ihn, aber auch Gelegenheit für die Opposition, ihn weiter zu attackieren.
NRW-Justizminister Peter Biesenbach setzt auf den Faktor Zeit. Und weiß dabei das Gesetz auf seiner Seite. Seine Verteidigungslinie: Für die Aufklärung der Frage, ob er im Untersuchungsausschuss zur sogenannten Hacker-Affäre eine Falschaussage gemacht habe, sei nicht das Plenum des Parlaments zuständig, sondern der dafür eingesetzte Untersuchungsausschuss. Und von dem werde er sich selbstverständlich demnächst zu dem Thema befragen lassen.
Grüne und AfD hatten die Sache am Donnerstag zum Thema einer Aktuellen Stunde gemacht. Im Zusammenhang mit dem vermeintlichen Angriff auf das private Media-Netzwerk der längst zurückgetretenen früheren Umweltministerin Christina Schulze Föcking (CDU) hatte der Justizminister am 8. Juli im Ausschuss zugegeben, dass er ein Telefonat mit dem ermittelnden Staatsanwalt gehabt hatte. Woraus die Opposition bereits den Vorwurf strickt, der Minister habe Einfluss auf die Ermittlungen genommen. Mittlerweile kam über Telefonverbindungsdaten des Ministers heraus: Biesenbach sprach unmittelbar nach dem Telefonat mit dem Staatsanwalt eine Minute lang mit der damals bereits politisch angeschlagenen Ministerin. Davon aber hatte der Minister in der Ausschusssitzung nichts gesagt. Und er kann sich, wie er sagt, nicht mehr an ein solches Telefonat erinnern.
Was hat der Justizminister mit seiner Kollegin besprochen?
Was hat er da mit seiner Kollegin besprochen, will die Opposition wissen. Ihr Verdacht: Die Landesregierung wollte damals die Opferrolle, in der sich Schulze Föcking befand, aufrechterhalten und deshalb an der Version eines Hackerangriffs statt eines bloßen Bedienfehlers im Medianetzwerk festhalten. Hat Biesenbach seiner Kollegin da vielleicht zugeraunt, was er vorher vom Staatsanwalt erfahren hatte: dass das Ermittlungsverfahren wegen eines möglichen Hackerangriffs fortgeführt wird, dass sie also weiterhin Opfer in dieser Sache ist und auch selbst bei dieser Version bleiben soll?
Die Behauptung, dass der Minister sich an das Telefonat mit seiner Kollegin im Anschluss an seinen Anruf bei dem ermittelnden Staatsanwalt nicht erinnern kann, nimmt ihm die Opposition nicht ab. Stefan Engstfeld von den Grünen fragt in der Landtagsdebatte, wie realistisch es denn wohl sei, dass die beiden Telefonate nichts miteinander zu tun hatten. Wenn Biesenbach als Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss gelogen habe, sei er als Justizminister nicht mehr tragbar. Nadja Lüders (SPD) ergänzt: „Mein Anspruch an einen Justizminister ist Aufrichtigkeit. Es geht um die Würde dieses Amtes.“ Biesenbachs Verhalten hinterlasse „bestenfalls Zweifel, schlimmstenfalls Vermutungen.“ Mehr noch: „Ihr Verhalten befeuert geradezu Vermutungen“, sagt sie. Und gerichtet an Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) fügt sie sarkastisch hinzu: „Sie werden Herrn Biesenbach nicht entlassen, er passt so herrlich in Ihr Kabinett.“
Biesenbach schweigt – „aus Respekt vor dem Ausschuss“
Biesenbach hingegen will solchen Vermutungen an diesem Tag im Parlament nicht entgegentreten. Er sei bereit, sich zu dem Fragenkomplex vor dem Untersuchungsausschuss zu äußern. Mache er das aber schon jetzt im Landtagsplenum, dann nehme er doch seine Aussage im Ausschuss vorweg. Und was bleibe denn dem Ausschuss noch an Beweiswürdigung, wenn diese Beweiswürdigung bereits in der Plenardebatte vorweggenommen werde? Sein Respekt vor dem Untersuchungsausschuss, dessen Arbeit er nicht in Frage stellen wolle, verbiete ihm eine Stellungnahme zu der Sache im Plenum.
SPD-Frau Lüders gesteht Biesenbach zu, dass es formaljuristisch sein gutes Recht sei, auf seine künftige Aussage im Ausschuss zu verweisen. Ihr Kollege Engstfeld von den Grünen hingegen pocht darauf, dass eine mögliche Falschaussage eines Ministers sehr wohl das Plenum zu interessieren habe. Schließlich stehe „ein ungeheurer Verdacht im Raum – dass ein Regierungsmitglied im Zeugenstand des Untersuchungsausschusses die Unwahrheit gesagt hat. Das gehört ins Parlament, wohin denn sonst?“ Engstfelds Vermutung: Biesenbach wolle mit Verweis auf Gedächtnisschwund sein politisches Überleben sichern.
Doch Biesenbach bleibt bei seiner Linie. Die Sache ist vertagt. Bis zu seiner Aussage demnächst im Ausschuss. Zeitgewinn für ihn. Gleichzeitig aber auch Gelegenheit für die Opposition, den Justizminister bis dahin weiter vor sich herzutreiben. Das macht sie denn auch sofort: Nadja Lüders stellt einen neuen Vorwurf in den Raum, ohne dabei konkret zu werden: Es seien am vergangenen Montag Telefondaten im Justizministerium gelöscht worden. Das sei jedoch ein untauglicher Versuch gewesen, da es eine Sicherungskopie gebe. Und die werde man nun auswerten.