Caipirinha statt Glühwein - Alternativen für Winterurlauber
Berlin (dpa) - Grüne Hänge, milde Temperaturen - perfekte Bedingungen für einen Wanderurlaub im Frühling. Aber halt: Es sollte doch ein Skiurlaub im Winter sein! In manch' einem deutschen Skigebiet müssen wegen fehlendem Weiß kurzerhand Alternativen her.
Sommerrodeln statt Winterrodeln, Schnee auf dem Bildschirm statt unter den Skiern und Caipirinha statt Glühwein - so sieht es derzeit in manch' einem deutschen Skigebiet aus. Das Wetter tut sein Bestes, um Winterurlaubern den Spaß zu verderben. Doch Tourismuszentren und Skibetreiber halten dagegen: Sie haben Alternativen in petto.
Am Brocken im Harz zum Beispiel - wo sich momentan kein Fitzelchen Schnee niederlässt - haben die Winterurlauber die zahlreichen Wanderwege für sich entdeckt. „Die Gäste wandern - Tatsache hier im Moment“, sagt Ilona Baxmann, Leiterin der Tourist-Information Schierke am Brocken. Die Restaurants und Kneipen in Schierke versuchen, wenigstens drinnen Winterfeeling zu verbreiten: „Der eine oder andere Gastwirt macht eine Glühweinparty“, so Baxmann.
Gerhard Müller denkt derweil über ein Kontrastprogramm zum Glühwein nach: „Anstatt Glühwein müssten wir Caipirinha servieren“, sagt der Betreiber der Skiarena Silbersattel im Thüringer Wald lachend. „Damit die Gäste wenigstens ein bisschen Eis kriegen.“ Dabei ist sogar eine von insgesamt acht Pisten geöffnet - Kunstschnee sei Dank. Allerdings kommen statt rund 1500 Besucher pro Tag im Moment nur etwa 100. Für sie hat sich Müller etwas Besonderes ausgedacht: In einem Panoramazelt flirren Bilder von verschneiten Landschaften über den Bildschirm - digitaler Ersatz für den analogen Schneemangel. „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagt Müller gelassen.
In Hessen laufen wegen des milden Wetters im größtem Skigebiet des Bundeslandes in Willingen und auf der Wasserkuppe in der Rhön die Sommerrodelbahnen. „Wir sind Meister im Improvisieren“, sagt Jörg Wilke, Sprecher der Skiliftbetreiber in Willingen. Die Lifte sind zwar auch geöffnet, sie bringen allerdings auch hier nur Wanderer auf den Berg. Die Skihütten seien trotzdem voll: „Es gibt Après Ski auch ohne Skifahren.“
In der Rhön ist die Feierlaune etwas gedämpft. Martin Kirchner vom Skiliftbetreiber Wiegand hat auf der Wasserkuppe bereits „beträchtliche Umsatzeinbußen“ bemerkt. Denn selbst auf Hessens höchstem Berg liegt derzeit kein Schnee. „Die Gäste sind auch nicht so begeistert.“ Sie können nur mit der Sommerrodelbahn Rhönbob den Berg hinunterrasen. Einen Alternativvorschlag hat Katharina Happel vom Rhön-Info-Zentrum in Gersfeld: „Wir veranstalten auch zunehmend Sturm- und Nebelwanderungen.“
Bobfahren ist auch in Bayern möglich: Der Bayerwald Coasterin Sankt Englmar hat wegen des milden Wetters zum zweiten Mal geöffnet. 1000 Meter geht es die rasante Bahn hinunter. „Die Gäste sind begeistert“, sagt Betreiber Franz Bindl. Und wenn statt Schnee Regen fällt, hat Bindl auch dafür eine Lösung: „Wir haben sogar Abdeckungen, wenn's regnen würde.“
Im ostdeutschen Ski-Mekka Oberwiesenthal im Erzgebirge bräuchten Sportler keine Bretter, um sich auszutoben: Eckhard Gahler verleiht dort Rollski. „Das ist ja ähnlich wie Skaten, wie mit den Inlinern, bloß halt mit Steckern.“ Normalerweise halten sich so die Biathleten im Sommer fit. Die Nachfrage nach den Rollski sei derzeit allerdings gering - im Oberwiesenthal gibt es nämlich ein bisschen Schnee. „Sind zwar nicht die optimalen Bedingungen, aber man kann Skifahren“, sagt Gahler.
Und wie sieht es im nordrhein-westfälischen Winterberg aus? Regenwetter, sechs Grad plus und der Lift läuft. Allerdings nur einer. Und talwärts geht es für Skifahrer und Snowboarder nur auf einem von Tag zu Tag schmaler werdenden Kunstschnee-Streifen.
Für die Gäste lässt man dort also das Sommerprogramm weiterlaufen: „Geführte Wanderungen, Sommerrodelbahn und Panorama-Brücke - wir haben ja einiges zu bieten“, sagt Winterberg Tourismus-Direktor Michael Beckmann. Überraschenderweise laufe selbst der Fahrrad-Verleih. Allerdings seien trotz Alternativprogramm in den Skigebieten rund um Winterberg durch den fehlenden Schnee 2,5 Millionen Euro Umsatz-Einbußen entstanden, weil kaum Tagesgäste kamen.
Im Bilsteintal in Warstein profitiert man währenddessen vom bisher grünen Winter. „Im Vergleich zu schneereichen Wintern haben wir zurzeit ein Vielfaches an Besuchern“, sagt Stefan Enste von der Bilsteinhöhle, einem Höhlensystem im Naturpark Arnsberger Wald.
Hunderte Kilometer weiter südlich, im Schwarzwald, ist die Wetterlage ähnlich. Einzig in den Höhenlagen über 1200 Metern um den Feldberg lassen sich hier Skier und Snowboard unter die Füße schnallen. „Alle wollen in den Schnee“, sagt Volker Haselbach von der Hochschwarzwald Touristik GmbH. „Entsprechend viel ist hier in diesen Tagen los.“
Schwieriger sei es für die niedriger gelegenen Wintersportorte. „In Hinterzarten zum Beispiel hat kein Lift geöffnet und kein Meter Loipe ist gespurt“, sagt Haselbach. Nicole Stichling von der Baiersbronn Touristik macht der fehlende Schnee kreativ: „Es gibt dann eben Fackel- statt Schneeschuhwanderungen.“ Und: „Pferde kann man ja nicht nur vor den Schlitten spannen, auch eine Kutschfahrt hat ihren Reiz. Und der Ausblick auf Wälder und Seen ist zu jeder Zeit schön.“