Städtereisen sind so gefragt wie nie

Berlin (dpa/tmn) - Große Städte verbinden viele mit Hektik, Lärm und verstopften Straßen. Wer will da schon Urlaub machen? Ganz falsche Frage! Wer nicht? Denn Städtereisen boomen: Von Paris, London und Berlin bekommen viele gar nicht genug.

Bei Urlaub denken viele zuerst an Sonne, Strand und Meer. Dabei boomen gerade Städtereisen. Die Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR), die auf der Reisemesse ITB in Berlin (6. bis 10. März) vorgestellt wurde, belegt das erneut: Danach sind Städtereisen „eines der Boomsegmente des letzten Jahrzehnts“. Gab es 2003 noch 7 Millionen Städtereisende, waren es im vergangenen Jahr rund 16 Millionen. Und vielleicht sind es bald noch viel mehr. Denn 40 Prozent der Deutschen können sich vorstellen, innerhalb der kommenden drei Jahre eine Städtereise zu machen - das wären 28,1 Millionen.

Auch wenn es immer weniger sind, die sich tatsächlich für einen bestimmten Urlaub entscheiden, als die, die sich das vorstellen können: Die Zeichen stehen auf weiteres Wachstum. „Das Interesse an Städtereisen ist kontinuierlich größer geworden, genau wie die Zahl derjenigen, die Städtereisen machen“, erläutert Ulf Sonntag, Leiter der Marktforschung beim NIT, dem Institut aus Kiel, das die Daten für die Reiseanalyse erhoben hat. „So ein anhaltendes starkes Wachstum ist schon ungewöhnlich“, sagt Sonntag.

Wie lässt sich das erklären? „Es liegt am Trend zum Kurzurlaub“, sagt Rainer Hartmann, Professor für Freizeit- und Tourismusmanagement der Hochschule Bremen. „Die Dauer des Haupturlaubs sinkt seit 30 Jahren. Die Leute machen kürzer Urlaub, fahren aber öfter weg.“ Den Trend bestätigt Prof. Torsten Kirstges: „In den 80er Jahren haben gut ein Viertel aller Deutschen jedes Jahr eine Kurzreise gemacht, heute ist es etwa die Hälfte“, erläutert der Direktor des Instituts für innovative Tourismus- und Freizeitwirtschaft (ITF) an der Jade-Hochschule in Wilhelmshaven. Und der Großteil der Kurzurlaube führe in die Städte.

„Ich kenne das aus meinem eigenen Reiseverhalten“, sagt Frank Stoll, der bei der Tui für Städtereisen verantwortlich ist. „Ich habe auch Lust auf Tapetenwechsel zwischendurch.“ Tui, Marktführer unter den Veranstaltern in Deutschland, hat seit 1996 ein eigenes Städtereisenprogramm. „Am Anfang ging es vor allem in die großen Metropolen, in den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der Ziele aber vervielfacht“, erklärt Stoll. Ganz vorne bei den Tui-Kunden liegen seit Jahren Berlin, Hamburg, London, Paris und Rom.

Dertour, der Marktführer in diesem Bereich, bietet seit Anfang der 70er Jahre Städtereisen an und brachte 1985 den ersten Katalog in die Reisebüros: Rom und Paris waren schon damals beliebte Ziele, sagt der verantwortliche Manager Frank Götze. Heute seien 60 Prozent der Ziele allerdings in Deutschland. Hamburg und Berlin werden am häufigsten gebucht.

Die Ansprüche mit Blick aufs Programm sind gestiegen, sagt Stoll: „Jeder dritte unserer Kunden bucht mindestens eine Zusatzleistung.“ Dazu zählen Musical- oder Konzertkarten genau wie Stadtführungen oder ein Candle-Night-Dinner. Einfach nur die Stadt angucken war gestern.

Innerhalb Deutschlands ist die Hauptstadt klar die Nummer eins. Gerade erst hat Burkhard Kieker, der Chef des Tourismusmarketings VisitBerlin, die jüngsten Rekorde bekanntgegeben: Die Zahl der Gäste ist 2012 um 10 Prozent auf gut 10,8 Millionen gestiegen, die der Übernachtungen um 11,4 Prozent auf 24,9 Millionen. Berlin spielt längst in der Champions-League des Städtetourismus und hat viele europäische Topziele schon hinter sich gelassen. „In Europa sind wir inzwischen die Nummer drei, nach London und Paris.“

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