Theater-Kostüme: Diese Frau zieht einfach an

Stadttheater: Beatrix Türk hat als Leiterin der Kostümabteilung stets alle Hände voll zu tun.

Krefeld. Im ersten Augenblick erschlägt einen der Blick in diesen Saal, im Herzen des Stadttheaters. Die Wände sind geradezu zugekleistert mit sorgfältig aufgehängten Krawatten - schrille, breite Binder, dunkle, aus Leder oder einfach nur gediegene. Darüber stapeln sich Kisten mit Taschen jeder Art, mit Schals, Tüchern. Mitten im Raum drängen sich überquellende Garderobenständer mit zarten Ballettgewändern, schweren Uniformen, verrückten Kostümen.

Angesichts dieser Fülle kommt bei Beatrix Türk keine Hektik auf. Im Gegenteil: Zufrieden blickt die Leiterin auf das Werk ihrer Kostümabteilung, gleitet sie mit den Händen über die verschiedenen Materialien. Seit einem halben Jahr ist die 51-Jährige nun am Gemeinschaftstheater und hat hier schon so einige Premieren hinter sich gebracht. "Es ist schon wie ein Sprung ins kalte Wasser", gibt sie zu. Ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, als sie ihre neue Stelle angetreten hatte, stand die neue Saison ins Haus. Und das bedeutet: Premieren, Wiederaufnahmen, teils mit Umbesetzungen. Berge von Arbeit für die Kostümabteilung also.

Welche Rolle hat dabei die Leiterin? In erster Linie ist Beatrix Türk Organisatorin: "Ich lenke und leite alle Informationen zwischen Geschäftsleitung wie Dramaturgie und der Kostümabteilung." Nicht gerade immer ein einfacher Job. Ist angesichts knapper Gelder doch der ständige Blick auf den Etat ein Muss. "Wir versuchen, vieles aus dem Fundus zu bestreiten."

Das wiederum ist eine Herausforderung für sich. Denn die Entwürfe für die Produktionen entstehen gewöhnlich nicht im eigenen Haus. "Meist arbeiten wir - wie allgemein üblich - mit freien Regieteams, die Bühnen- und Kostümbildner sowie den Regisseur stellen", klärt Türk auf. Sprich: Die künstlerische Idee für das Outfit der Schauspieler kommt zwar von außen, muss aber im Haus in Schnitte und Kostüme umgesetzt werden.

Die Blondine greift in ein Ordnerregal und zeigt anhand der Entwürfe, was dies bedeutet. "Die Zeichnungen zu Shockheaded Peter waren sehr konkret", breitet sie Bilder von den ausgeflippten Kostümen für die Junk-Opera, die derzeit in Mönchengladbach läuft, aus. Die Vorschläge für den Hauptmann von Köpenick, der jetzt anläuft, sind dagegen eher als Konzept zu sehen. "Das geht auch mit dem Fundus."

Aber nicht nur dann ist auch die Kreativität der zwei Gewandmeisterinnen des Theaters gefragt. Türk nennt ein Beispiel: "Ballett ist oft eine große Herausforderung. Die Tänzer müssen im Kostüm ja alles machen können." Manchmal gebe es auch einen "Wahnsinns-Kopfputz", mit metallischem Unterbau, Perücke, und mit all dem müsse der Mime sich ja auch noch bewegen können. Bei historischen Gewändern ist natürlich sowieso Wissen über die Kostümkunde und ihre Schnitte gefragt. Ganz zu schweigen von unkonventionellen Lösungen, wenn die Hüllen schnell mal gewechselt werden wollen.

Die Stunde der Wahrheit kommt dann mit der ersten Anprobe. "Wir können ja nicht fünf davon ansetzen", spielt Türk auf den engen Zeitplan an, der auch mit Maske und Requisite abgestimmt sein will. Deshalb sei es auch wichtig, nah am Künstler zu sein. Was das betrifft, kommt bald eine neue Herausforderung auf das Team der Kostümabteilung zu. Wenn das Theater wegen der anstehenden Sanierung zu den Stadtwerken zieht, werden Türk und ihre Mitarbeiter im alten Verwaltungsgebäude an der Tannenstraße unterkommen. "Das bedeutet zusätzliche Transporte", ist sich die studierte Kostümbildnerin sicher. Immerhin verfüge die Abteilung dort aber über genügend Platz.