THW: Retter mit feinem Riecher

Roland Krichel und sein Staffordshire Elton haben bei der Gasexplosion in Mönchengladbach nach Vermissten gesucht.

Krefeld. Elton erklimmt geschwind die Brocken aus Mörtel und Steinen. Dreht sich, hält seine Nase in den Wind. Läuft ein paar Meter weiter und schnuppert in den Trümmern des Hauses, das nach einer Gasexplosion völlig zerstört ist. Ein paar mal geht das so, dann bellt der Staffordshire. Roland Krichel ruft seinen Hund zu sich, nimmt ihn an die Leine und gibt ihm ein Leckerchen. Es ist Sonntagnachmittag am Siepensteg11 im Mönchengladbacher Stadtteil Hermges. Elton, der drei Jahre alte Rüde von Roland Krichel aus Krefeld, hat die Leiche eines 45-Jährigen gefunden, der seit Stunden vermisst wird und unter tonnenschweren Trümmern begraben ist. Elton ist Rettungshund, sein Herrchen Hundeführer beim Technischen Hilfswerk (THW) - und der Einsturz des Wohnhauses der erste richtige Einsatz für das eingespielte Team aus Mensch und Hund. Für Roland Krichel, den Personenschützer und Rettungssanitäter aus Krefeld, war es schon ein mulmiges Gefühl, direkt vor den eingestürzten Resten zu stehen und in das klaffende Loch im Haus mit den hervorstehenden Holzbalken zu schauen. "Das ist gar nicht verkehrt, denn das bedeutet Sicherheit", sagt seine Gruppenführerin Daniela Seegers. Die Gladbacherin bildet in der THW-Fachgruppe "Biologische Ortung" in Viersen die Hunde aus, die bei Suchaktionen in der Region eingesetzt werden. Unter Trümmern verschüttete Menschen zu finden, ist dabei die Spezialität; es kommt aber auch vor, dass bei Einsätzen großflächig nach Vermissten gesucht wird.

Der 35-Jährige suchte nach einer friedfertigen Aufgabe

Für Krichel, der vor knapp drei Jahren zum THW kam, ist die ehrenamtliche Aufgabe genau richtig: "Früher habe ich bei einem Sicherheitsdienst mit einem Schutzhund gearbeitet. Ich wollte aber etwas Friedfertigeres machen", sagt der 35-Jährige und grinst. Dafür hat er einiges in Kauf genommen: Er musste die Basisausbildung des Hilfswerks absolvieren - ein gutes dreiviertel Jahr mit zwei bis drei Terminen pro Woche -, um anschließend in der Fachgruppe "Biologische Ortung" geschult zu werden. Die Spezialausbildung galt freilich auch für Elton: Er hat im vergangenen Jahr seine Prüfung bestanden. Bis dahin musste der drei Jahre alte Staffordshire einiges lernen. Am Anfang seiner gut zweijährigen Ausbildung hatte er lediglich zu einem anderen THW-Helfer zu finden, den er sehen durfte. Später wurden seine "Opfer" immer besser versteckt - bis sie gar nicht mehr zu sehen waren. Heute kann er Verschüttete aufspüren, die bis zu acht Meter tief unter Trümmern liegen. Dabei grenzt er den Fundort auf einen guten Quadratmeter ein. "Er muss punktuell anzeigen", sagt Seegers. Das ist wichtig für die danach anrückenden Helfer von der Bergung, die Schwerstarbeit vor sich haben und möglichst kleine Felder abräumen wollen. "Ein Ein-Cent-Stück großes Loch reicht den Rettungshunden aus, um die Person zu orten", sagt Daniela Seegers. Für das Tier ist das alles ein Spiel, egal ob Übung oder Einsatz. Denn bei jedem Erfolg - der hat sich meist dann eingestellt, wenn ein Rettungshund an einer bestimmten Stelle bellt - gibt’s eine Beißwurst oder ein Leckerchen zur Belohnung. Der Anblick der THW-Uniform löst beim Hund deshalb regelrecht Vorfreude aus: "Wenn Roland Blau anzieht, dann glaubt Elton: Jetzt geht es los", sagt Daniela Seegers. Deshalb ist er auch freudig mit zum Fototermin bei der WZ gekommen - und da gab’s nach getaner Arbeit dann auch eine Beißwurst. Nicht für ihre Führer, auch für die Hunde ist der Einsatz manchmal zu gefährlich. Etwa der beim Absturz einer riesigen Brücke am Kraftwerksbau in Grevenbroich-Neurath im vergangenen Jahr. Da hat Daniela Seegers entschieden, dass das Risiko für die Helfer in Blau zu groß ist. "Diese Entscheidung kann natürlich auch jeder Hundeführer für sich und sein Tier so treffen", sagt sie. Vor dieser Frage stand Roland Krichel noch nicht. Für den Krefelder steht ohnehin fest: Ermöchte - neben seiner Tätigkeit in der Viersener Fachgruppe - zur Seeba, der "schnellen Einsatzeinheit Bergung Ausland" des THW. Und wird irgendwann vielleicht einmal bei Katastrophen in fernen Ländern mit Elton Menschenleben retten. Rettungshunde beim THW
THW-Helfer am eingestürzten Haus in Mönchengladbach im Einsatz.
Eignung Nicht jeder Hund kann ein Rettungshund werden. Er muss einen ausgiebigen Spieltrieb haben, darf nicht aggressiv gegenüber Menschen und anderen Hunden sein. Außerdem muss die Größe stimmen: Ein zu kleiner kann nicht durch den Schutt klettern, ein zu großer ist meist auch zu schwer. Der Hund sollte nicht älter als sechs Jahre sein, bevor er mit der Ausbildung beginnt. Helfer Wer in die Fachgruppe "Biologische Ortung" des Technischen Hilfswerks als Rettungshundeführer möchte, der muss THW-Mitglied werden und zunächst die Basis-, dann die Fachausbildung absolvieren. Interessenten können sich bei Gruppenführerin Daniela Seegers unter Ruf (0162) 4575123 melden.