Bolt und Blade Runner Pistorius für WM bereit
Daegu (dpa) - Sprint-Superstar Usain Bolt zieht schon vor dem ersten Startschuss seine Show ab - die deutschen Leichtathleten um Titelverteidiger Robert Harting wollen sich bei den 13. Weltmeisterschaften in Südkorea aber nicht mit Nebenrollen begnügen.
1945 Sportler aus 202 Ländern kämpfen um Medaillen in 47 Entscheidungen. „Auch nach Daegu wollen wir zu den fünf besten Nationen der Welt gehören“, sagt Thomas Kurschilgen, Sportdirektor des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), zwei Jahre nach dem erfolgreichen „Heimspiel“ von Berlin.
„Blitz-Bolt“ gehörte bereits am Donnerstag die Bühne in der drittgrößten Stadt Südkoreas mit 2,5 Millionen Einwohnern. Der Jamaikaner sorgte bei einem Sponsorenauftritt für enormen Medienrummel. „Ich bin bereit, die Titelverteidigung ist sehr wichtig für mich, weil ich eine Legende werden will“, sagte er vier Tage nach seinem 25. Geburtstag und drei Tage vor dem 100-Meter-Showdown. Sein größter Rivale hat bereits abgesagt: Landsmann Asafa Powell, mit 9,78 Sekunden der Schnellste in diesem Jahr, ist verletzt.
3 x 3 heißt Bolts Zauberformel: Wie schon bei Olympia 2008 in Peking und bei der WM 2009 in Berlin will der Weltrekordler (9,58 Sekunden) zu Gold über 100 und 200 Meter und mit der Staffel der Karibikinsel flitzen.
Ein Jahr vor den Sommerspielen in London muss sich nicht nur Bolt neu beweisen: Stabhochsprung-Diva Jelena Issinbajewa will nach ihrem „Salto nullo“ von Berlin und einer selbst verordneten Auszeit zurück ins Rampenlicht. Äthiopiens vierfacher Weltmeister Kenenisa Bekele wird nach 19-monatiger Pause über 5000 und 10 000 Meter wieder auf der Bahn erwartet. Der amerikanische Dopingsünder LaShawn Merritt, als Titelverteidiger mit einer Wildcard dabei, war 21 Monate gesperrt und wird über 400 Meter viele kritische Augen auf sich gerichtet sehen.
Ganz China schaut auf den wiedererstarkten Volkshelden Liu Xiang. Der Hürdensprinter will drei Jahre nach seinem viel beweinten Aus in Peking wieder auf dem Treppchen stehen. Und das US-Team, das 2009 zehn Goldmedaillen erkämpfte, hat bei der dritten WM in Asien nach Tokio 1991 und Osaka 2007 seinen Titel als erfolgreichste Leichtathletik-Nation zu verteidigen.
Die Augen vor allem der Sportwissenschaftler werden auf Oscar Pistorius gerichtet sein: Der unterschenkelamputierte Südafrikaner hat sich erstmals für eine WM qualifiziert - die Bilder des 400-Meter-Sprinters mit den Beinprothesen werden live um die Welt gehen. „Ich habe so lange davon geträumt, einmal bei einer großen Meisterschaft starten zu können“, sagte Pistorius.
Der DLV hofft, dass seine Athleten den Schwung der Heim-WM nach Fernost mitgenommen haben. „Nach dem Gesetz der Serie müssten wir in Daegu elf Medaillen machen“, sagte Präsident Clemens Prokop. Bei der WM 2005 gab es fünf Medaillen, 2007 sieben, 2009 neun. Der Spitzenfunktionär ist jedoch durch die Pleite von Peking mit nur einer Bronzeplakette gewarnt und schränkt ein. „Ziel ist, das Niveau zu halten. Wenn wir mit einer Medaillenzahl von 2009 nach Hause fahren würden, wäre das ein großer Erfolg.“
Die Hoffnungen des DLV ruhen vor allem auf den Werfern wie Diskus-Riese Harting, Hammer-Weltrekordlerin Betty Heidler und Speerspitze Christina Obergföll. Der Berliner Harting ist zwar durch eine Patellasehnenentzündung gehandicapt, will sich aber durchbeißen: „Die Verletzung ist mein kleiner Gegner geworden. Deshalb habe ich auch keine überirdischen Erwartungen an mich selbst. Ich will unbedingt, freue mich tierisch und bin heiß“, meint der einzige Titelverteidiger im DLV-Team.
Mit einem Film von der WM 2009 und der EM 2010 in Barcelona hat Kurschilgen im Trainingslager auf der südkoreanischen Ferieninsel Jeju die deutschen Asse auf die WM eingestimmt. „Macht euch frei von der Bewertung der Öffentlichkeit“, sagte der Sportdirektor und gab das Motto für das 72-köpfige Team aus: „Überwindet und erfahrt Grenzen!“ Erfahrenste Athletin im Team ist Kugelstoßerin Nadine Kleinert: Die 35-jährige Magdeburgerin hat in ihrer Karriere bereits vier internationale Medaillen gesammelt.
Die Besten können richtig Geld verdienen auf und neben der himmelblauen Mondo-Bahn von Daegu: Der Weltverband IAAF schüttet rund 7,2 Millionen US-Dollar (5,1 Millionen Euro) an Prämien aus. Der Sieger kassiert 30 000 Dollar, noch der Achte nimmt 4000 Dollar mit. Für einen Weltrekord lassen die IAAF-Sponsoren sogar 100 000 Dollar springen.
Südkorea hat sich die Titelkämpfe im modernisierten Stadion der Fußball-WM von 2002 etwa 200 Millionen Euro kosten lassen. 97 Prozent der verfügbaren Eintrittskarten für die neun Wettkampftage sind nach IAAF-Angaben verkauft worden. Das weltweit größte Sportereignis des Jahres soll auch ein Vorgeschmack auf 2018 sein: Dann richtet Pyeongchang, das sich bei der Vergabe klar gegen München durchsetzte, die Olympischen Winterspiele aus.