Kohle-Stiftung: Eichel hat keine Lust

Auch ohne den Ex-Finanzminister bleiben alle Weichen gestellt. Die SPD muss einen neuen Kandidaten benennen.

Berlin. Nach glücklicher Einigung in der Kohlerunde vom Vortag gab es gestern bereits wieder neue Aufregung: Ex-Finanzminister Hans Eichel (SPD) hat der Bundesregierung einen Korb für die künftige Kohle-Stiftung gegeben. Nach gründlicher Überlegung habe er darauf verzichtet, den angebotenen Platz im Stiftungsvorstand anzunehmen, ließ Eichel gestern über einen Sprecher mitteilen.

In Regierungs- und Koalitionskreisen hieß es in ersten Reaktionen, die Absage Eichels sei überraschend. Aus dem Umfeld von Eichel war zu erfahren, dem Ex-Minister sei der Posten erst am Mittwochabend auf dem Hessenfest in Berlin angeboten worden. Eichel habe um Bedenkzeit gebeten und ausdrücklich noch nicht zugesagt.

An dem Fahrplan für Stiftung und Börsengang soll Eichels Absage aber nichts ändern. Die Grundsatzentscheidung von Bund und den Bergbau-Ländern Nordrhein-Westfalen und Saarland werde damit nicht gefährdet. Nun müsse die SPD einen anderen Kandidaten für den Vorstand benennen.

Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) hatte am Mittwochabend angekündigt, dass Eichel neben dem designierten Stiftungschef Wilhelm Bonse-Geuking und RAG-Arbeitsdirektor Ulrich Weber dem dreiköpfigen Stiftungsvorstand angehören solle.

Vorsitzender des Kuratoriums, das den Vorstand überwacht, soll Eon-Aufsichtsratschef Ulrich Hartmann werden. Die Stiftung soll noch in diesem Monat gegründet werden und bis Mitte nächsten Jahres die kohlefernen und profitablen Sparten (Energie, Chemie, Immobilien) des Essener RAG-Konzerns an die Börse bringen. Mit dem Milliardenerlös sollen in den nächsten Jahrzehnten die Bergschäden im Ruhrgebiet und die Pensionen der Kumpel finanziert werden.

Bonse-Geuking kündigte an, die Umstrukturierung des RAG-Konzerns werde ein zentraler Baustein für die Zukunft des Ruhrgebiets sein. Die Satzung der Kohle-Stiftung sehe vor, dass der Vorstand für einen Zeitraum von fünf Jahren bestellt werde. "Davon gehe ich auch aus und es ist vernünftig. Man muss diesen Job mit einer entsprechenden zeitlichen Perspektive machen. Das verträgt keine Kurzatmigkeit", sagte der 65-jährige Manager. Er wolle parallel Aufsichtsratschef der Deutschen BP bleiben. Bonse-Geuking ist CDU-Parteimitglied, gilt aber auch in SPD- und Gewerkschaftskreisen als gut vernetzt.

Der Essener RAG-Konzern begrüßte die Festlegungen der Berliner Kohlerunde. Die ausgewählten Kandidaten für den Stiftungsvorstand seien eine "ausgezeichnete Wahl", sagte eine Sprecherin. Die Bergbaugewerkschaft IG BCE sprach von einem entscheidenden Schritt für die RAG-Zukunft. Wichtig sei, dass Kündigungen für die Bergleute ausgeschlossen seien, sagte IG BCE-Chef Hubertus Schmoldt. Er würdigte ausdrücklich die Rolle von RAG-Chef Werner Müller als "Architekten" der Lösung.

Rüttgers sagte, Stiftungs-chef Bonse-Geuking habe das volle Vertrauen der Landesregierung. "Mit ihm wird der sozialverträgliche Ausstieg aus dem subventionierten Steinkohlenbergbau und der Aufbau eines neuen Dax-orientierten Unternehmens gelingen", erklärte Rüttgers. Auch dessen Regierungspartner FDP würdigte das Ende der langen Personalquerelen. "Damit ist der Weg für den integrierten Börsengang der RAG frei", sagte der Chef der NRW-FDP-Landtagsfraktion, Gerhard Papke.

Von Ingo Faust

NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) kann stolz und entspannt sein: Bei dem wochenlangen Geschachere um Pöstchen und Satzung der neuen Kohle-Stiftung hat er seine Vorstellungen durchgesetzt. Er hat nicht nur den RAG-Chef Werner Müller, der sich mit seinem früheren Chef - Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) - die Stiftung als Vehikel für eine Kohle-Lösung ausgedacht hatte, als neuen "Ruhrbaron" verhindert. Er hat auch mit Wilhelm Bonse-Geuking einen gestandenen Öl-Experten und seinen Wunschkandidaten durchgebracht. Der studierte Bergbau-Ingenieur hat sogar ein CDU-Parteibuch in der Tasche und lässt sich so leicht nicht aus der Ruhe bringen. Auch in Staatskonzernen kennt sich der frühere BP-Chef gut aus, hat er doch jahrzehntelang für die Veba gearbeitet. Dieses Wissen wird er gut brauchen können, denn RAG und Stiftung bleiben auch nach dem Börsengang eine hochpolitische Angelegenheit. Private Anleger werden zaudern. Neue Blockaden zwischen SPD und Union sind wahrscheinlich. Vielleicht ist Hans Eichel auch deswegen nicht mit ins Boot gestiegen. Man kann der Stiftung nur Glückauf wünschen.

ingo.faust@wz-plus.de