Studie: Jugend geht ins Ausland
Jede vierte Nachwuchskraft plant bei der Karriere auch China oder Nairobi ein. Beruf ist für sie aber nicht mehr alles.
Düsseldorf. Die Zeiten, in denen Jungmanager sich fast ausschließlich redlich am heimischen Herd nährten, sind offenbar vorbei. Nach einer neuen Studie der Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) unter über 300 Nachwuchsführungskräften (bis 39 Jahren) planen ein Viertel von ihnen eine Karriere im Ausland. "Die Voraussetzungen dafür bringt der Nachwuchs ohnehin mit", meint die Projektleiterin der Studie, Yvonne Fritzsche-Sterr, ehemals Hauptautorin der Shell-Jugendstudie. Durchschnittlich beherrschten Jungmanager neben der Muttersprache zwei Fremdsprachen. Fast alle hätten Abitur, drei von vier Befragten ein abgeschlossenes Studium.
Der Drang ins Ausland ist so neu nicht, aber die Intensität überrascht. "Wir haben mittlerweile Bewerber, die waren in China und Nairobi, sind super qualifiziert und haben mit Anfang dreißig bereits unglaublich viel erlebt. Das war früher noch nicht mal im Traum denkbar oder notwendig", zitiert die Studie einen Personaldirektor (39) eines Großkonzerns.
Als (Über-)Lebensstrategien, mit denen die zum Teil in Tiefeninterviews befragten künftigen Führungskräfte die Klippen in der globalisierten Wirtschaftswelt und die Unwägbarkeiten in der Gesellschaft umschiffen wollen, hat Fritzsche-Sterr fünf weitere Trends ausgemacht:
Gesellschaftliches Engagement hat keine Priorität mehr. Die Manager von morgen setzen auf ihre eigenen Fähigkeiten und Netzwerke. Sie erwarten kaum noch Unterstützung aus den sozialen Sicherungssystemen.
Selbst bei den gut ausgebildeten Nachwuchsmanagern gilt die Arbeitslosigkeit als das drängendste Problem. Das sehen fast 90 Prozent so. Über 80 Prozent nennen auch Überalterung der Gesellschaft, gesetzliche Rentenversicherung und Staatsverschuldung. "Immer früher haben die Leute Angst, nichts zu kriegen und müssen sich immer mehr rein hängen, mindestens zehn Praktika und drei Auslandsstationen haben", wird ein junger Werbefachmann zitiert.
Eine deutliche Mehrheit der zukünftigen Führungsgeneration blickt voller Zuversicht auf den Standort Deutschland. 51 Prozent der befragten vergeben die Note gut bis sehr gut. 84 Prozent halten unser demokratisches System für stabil und gesund.
Deutlich weniger Gewicht auf der Skala der gesellschaftlichen Probleme werden dagegen den negativen Auswirkungen der EU-Erweiterungen (58 Prozent) und dem Nord-Süd-Konflikt (46 Prozent) beigemessen. Hier sind die jungen Manager weitgehend optimistisch. Beide Konflikte seien lösbar.
Ein überraschendes Ergebnis: Die Vorstellung, dass beruflicher Erfolg Defizite im privaten Bereich wettmache, findet beim Manager-Nachwuchs keinen Konsens mehr. Der Wunsch nach einer so genannten "Work-Life-Balance", also einem Gleichgewicht zwischen Beruf- und Privatleben, wird von der Mehrzahl von ihnen als wichtig angesehen. Ein 24-jähriger Trainee bringt es auf den Punkt: "Ich kenne einen Kollegen, der hat einen Burn-out mit Mitte dreißig. Das ist erschreckend und kein Beinbruch, der morgen wieder weg ist."
Jeder vierte deutsche Jungmanager plant heute eine Karriere im Ausland. So groß war der Exodus noch nie zuvor. Das muss aber nicht bedeuten, dass die künftige Führungsriege ausblutet. Über die Zahlen der Rückkehrer ist noch nichts bekannt. Der Gang ins Ausland ist für sie auch eine Art Überlebensstrategie in einer globalisierten Welt. Manager mit eingeschränktem "Kirchtums-Blick" passen nicht mehr in die Zeit. In etlichen deutschen Großkonzernen gilt englisch bereits als Firmensprache. Und Schweizer und Österreicher sitzen bei deutschen Spitzenunternehmen an den Hebeln der Macht (Deutsche Bank, Siemens). Doch nur gute Firmenkultur sollten sie mitbringen. Das "Hire and Fire" können sie in den USA lassen.